Missbrauch der General- und Vorsorgevollmacht

Eine General- und Vorsorgevollmacht dient der Vorsorge für den Fall, dass eine Person durch Alter, Krankheit oder aber Unfall wegen fehlender Einsichtsfähigkeit nicht mehr für sich selbst handeln kann. Die weitreichende Vollmacht spielt im Rechtsverkehr eine immer größere Rolle, womit auch das Missbrauchspotential zunimmt.

Das Oberlandesgericht Köln hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob das Grundbuchamt den Missbrauch einer General- und Vorsorgevollmacht prüfen muss.

Was war passiert?

Die verwitwete Mutter hat ihrer Tochter eine notariell beurkundete General- und Vorsorgevollmacht erteilt. Die Vollmachten war im Außenverhältnis ausdrücklich unbeschränkt. Die Vertretung war im Innenverhältnis aber nur für den Vorsorgefall, namentlich bei „Geschäftsunfähigkeit“ und „Betreuungsbedürftigkeit“ vorgesehen.

Nach dem Tod des Vaters wollte die Tochter Hausgrundstück der Mutter im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf sich selbst übertragen und ihrer Mutter gleichzeitig ein Wohn- und Nießbrauchrecht einräumen. Hintergrund des Übertragungswunsches war die Befürchtung, dass die Mutter zum einen dement ist, zum anderen unter dem Einfluss einer Sekte bzw. sektenähnlichen Vereinigung stand, die es auf deren Vermögen abgesehen hatte.

Nachdem die Mutter vom Antrag auf Eigentumsänderung beim Grundbuchamt Kenntnis erlangte, widerrief sie die Vollmacht und legte dem Grundbuchamt ein Attests Ihrer Geschäftsfähigkeit vor.

Das Grundbuchamt lehnte hierauf die Eintragung der Tochter als Eigentümerin ab, weil es den Missbrauch der Vollmacht im Innenverhältnis durch die Tochter annahm.

Hiergegen legte die Tochter Beschwerde beim OLG Köln ein.

Das OLG Köln hat in seiner Entscheidung vom 18.05.2020 (Az. 2 Wx 61/20) festgestellt, dass das Grundbuchamt auch bei einer nach außen unbeschränkten Vollmacht Vollmachtserteilung und -umfang selbständig prüfen muss. Gleiches gilt für den Eintritt der Bedingung (Geschäftsunfähigkeit), von der die Vertretung abhängig gemacht wird.

Das Grundbuchamt soll die Eintragung ausnahmsweise ablehnen können, wenn es sichere Kenntnis vom Vollmachtsmissbrauch hat (Legalitätsprinzip). Nach Auffassung des OLG Köln war im Zeitpunkt des Eingangs des Eintragungsantrags beim Grundbuchamt ein Missbrauch der Vertretungsmacht nicht sicher bekannt, da der Widerruf und das Attest erst später bekannt wurden.

Das Gericht gab vorerst grünes Licht für die Eigentumsumschreibung, wies aber auch darauf hin, dass im Grundbuchverfahren noch keine Entscheidung zum Missbrauch der Vertretungsmacht getroffen wurde und der Mutter hierfür der Rechtsweg noch offensteht, ggf. durch Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes.

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Autor

Michael A. Lohmayer
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Wirtschaftsmediator
Testamentsvollstrecker (AGT)

Der Autor ist Partner der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn