After-Work im QBig: Videoüberwachung - big brother is watching you

Im Rahmen unserer After-Work-Vortragsreihe referierten die Rechtsanwälte Bernd-Uwe Sätzler (Partner), Dr. Andreas Hatz und Michael Englert am 24. Juli zur Videoüberwachung zum Schutz von Haus und Hof, im Straßenverkehr, am Arbeitsplatz sowie zur Verwertbarkeit von Videoaufnahmen im Gerichtsverfahren.

Einleitung

Videotechnik und Videoüberwachung begegnet uns alltäglich – ob im öffentlichen Raum, in Verkehrsmitteln oder im privaten Bereich, z.B. beim Einkauf. Die technischen Möglichkeiten, insbesondere intelligente und KI-gestützte Videoauswertung nebst Gesichtserkennung schreiten immer weiter voran. Diese Entwicklung birgt das Risiko einer vollständigen Überwachung, wie sie George Orwell bereits mit dem „großen Bruder“ (big brother) in seinem Roman „1984“ beschrieben hat. Jede Videoüberwachung greift in Grundrechte, insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Für den rechtmäßigen Einsatz der Videoüberwachung gelten daher – auch datenschutzrechtlich – zurecht strenge Voraussetzungen.

Videoüberwachung auf dem Privatgrundstück

Rechtsanwalt Bernd-Uwe Sätzler referierte anschaulich anhand eines Praxisfalls, welche rechtliche Hürden die Installation von Überwachungskameras auf einem Privatgrundstück mit sich bringt und wie man sich als betroffener Nachbar wehren kann. Hierbei geht es um Sachverhalte, in denen die Videokamera entweder in den öffentlichen Bereich, z.B. Straße und Gehweg filmt oder in Bereiche des Nachbargrundstücks. Neben dem Auskunftsanspruch geht es in den bei Gericht landenden Fällen regelmäßig um die Entfernung der Videokamera sowie Unterlassungsansprüche. Ein solcher Unterlassungsanspruch kann bereits bestehen, wenn der Nachbar eine Überwachung durch Überwachungskameras objektiv befürchten muss, sog. Überwachungsdruck. Entscheidend für die rechtliche Beurteilung ist auch die Art der eingesetzten Videotechnik sowie deren Installation. Ein Lösungsansatz kann das Anbringen von Abschirmblechen sein.

Zustimmungspflichtig ist der Einsatz von Videotechnik bei Wohnungseigentümergemeinschaften und im Mietrecht.

Verwertbarkeit und Strafbarkeit von Bild- und Tonaufnahmen

Rechtsanwalt Dr. Andreas Hatz befasste sich unter anderem mit der rechtlichen Bewertung von Aufnahmen mittels Dashcam im Verkehrsprozess. Nach einer Entscheidung des BGH führt alleine die Rechtswidrigkeit einer Beweiserhebung im Zivilprozess nicht ohne weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot. Allerdings muss eine Interessen- und Güterabwägung erfolgen. Hier sind in die Waagschale auf der einen Seite das Interesse des Klägers an der Durchsetzung seiner Ansprüche, auf der anderen Seite die Grundrechte des Beklagten, z.B. Recht am eigenen Bild zu legen.

Mag die Bildaufnahme im Zivilprozess verwertbar sein, kann das Filmen aber strafbar sein. Man sollte sich daher – idealerweise anwaltlich beraten – überlegen, ob man eine Videoaufnahme dem Gericht bzw. Polizei/Staatsanwaltschaft als Beweismittel vorlegt oder ggf. auf unproblematischere Beweismittel wie Zeugen zurückgreift.

Zudem kann die Polizei auch das Aufnahmegerät, z.B. Smartphone beschlagnahmen und im Rahmen der Einziehung später vernichten. Die Ermittlungsbehörden sind grds. auch nicht daran gehindert, das Aufnahmegerät auszuwerten, so dass im Rahmen der Auswertung als „Beifang“ auch andere Straftaten ans Licht kommen können.

Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Eine Videoüberwachung im Betrieb ist nur in sehr engen Grenzen zulässig, wie Rechtsanwalt Michael Englert berichtete.

Die Videoüberwachung wird vor allem zur präventiven Abwehr von Straftaten eingesetzt, ob von Mitarbeitern oder Dritten. Alleine Ladendiebstähle verursachen in der Bundesrepublik jährlich Schäden von ca. 2,8 Mrd. Euro. Zudem können mittels sichtbarer Kameras auch Maschinen und technische Arbeitsabläufe kontrolliert werden.

In der Regel geht es um eine offene Videoüberwachung, z.B. von Verkaufs- oder Ausstellungsflächen im Einzelhandel, dem Firmengelände oder im öffentlichen Personennahverkehr (z.B. Bus). Straftaten von Mitarbeitern, die als „Beifang“ aufgenommen werden, können grds. verwertet werden. Wichtig ist ein deutlich sichtbarer Hinweis, z.B. durch ein Piktogramm. Nach einer jüngeren Entscheidung des BAG ist die Verwertung von Videoaufnahmen auch dann möglich, wenn die Videoaufnahme als Datenerhebung rechtswidrig war, also nicht den Vorgaben des Datenschutzes (DSGVO, BDSG) entsprach („Datenschutz ist kein Tatenschutz“).

Herr Englert wies auf das Risiko einer Geldbuße bei datenschutzrechtlichen Verstößen hin, die im Worst Case bis zu 20 Mio. Euro bzw. 4 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes des Unternehmens betragen können. So kann eine wirksame fristlose Arbeitgeberkündigung für den Arbeitgeber doch noch sehr teuer werden.

Eine heimliche Videoüberwachung hingegen ist nur bei konkretem Straftatverdacht und auch nur vorübergehend zulässig. Da es verschiedene Mittel der Mitarbeiterkontrolle gibt, sollte immer auf das mildeste Mittel zurückgegriffen werden, das möglichst wenig in die Grundrechte des Mitarbeiters eingreift. Zur Kontrolle der Arbeitsleistung ist eine Videoüberwachung regelmäßig unzulässig.

Videoaufnahmen dürfen nicht zeitlich unbegrenzt aufbewahrt werden. Außerdem steht dem Gefilmten ein Auskunftsanspruch und ggf. ein Schadenersatzanspruch bei rechtswidriger Aufnahme zu. 

Eine anschließende Fragerunde nebst Diskussion sowie geselliges Beisammensein rundeten den Abend ab.

Zu den Referenten

Bernd-Uwe Sätzler ist bei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn schon seit über 30 Jahren für das Arbeitsrecht und das Baurecht zuständig. Partner ist er bereits seit 1995. Seine Erfahrung im Arbeitsrecht und Baurecht gründet sich auf Tausenden von Rechtsstreitigkeiten, die er in diesen komplexen Materien erfolgreich abgewickelt hat. Kein anderer Rechtsanwalt bei Pfefferle Helberg verfügt über eine derart ausgeprägte Prozesserfahrung.

Dr. Andreas Hatz gehört seit Januar 2019 zum Beraterteam der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg und Partner in Heilbronn. Sein Schwerpunkt liegt im Verkehrsrecht und Strafrecht. Er verfügt über eine bereits ein Jahrzehnt lange Erfahrung in seinem Aufgabengebiet, insbesondere als Strafverteidiger.

Michael Englert berät unsere Mandanten schwerpunktmäßig im Arbeitsrecht. Er vertritt hierbei Unternehmen und Führungskräfte in allen Fragen des Arbeitsrechts, sowohl in Verhandlungen als auch gerichtlich bundesweit.Des Weiteren ist Herr Englert im Wohnraummietrecht auf Vermieterseite und im gewerblichen Mietrecht tätig. 

Zur Veranstaltungsreihe

Unsere After-Work-Reihe mit interessanten und praxisrelevanten Vorträgen zu aktuellen Rechtsthemen wird nach der Sommerpause fortgesetzt.

Autor

Michael Englert
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Der Autor ist Associate der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn