Neues zur Grundsteuer. So reagieren Sie richtig.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich erstmals zu der Grundsteuerwertfestsetzung im Bundesmodell geäußert.

In zwei inhaltsgleichen Aussetzungsbeschlüssen vom 27.05.2024 (II B 78/23 und II B 79/23) hat der BFH Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit der Bewertungsvorschriften gemacht.

Nach der Auffassung des BFH seien Abweichungen zwischen dem pauschaliert ermitteltem Wert und dem Wert zwar grundsätzlich hinnehmbar. Dies aber nur dann, wenn ein Verstoß gegen das Übermaßverbot im Einzelfall entweder durch verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes oder durch eine Billigkeitsmaßnahme abgewendet werden könne.

Bei Ausschluss von Billigkeitsmaßnahmen sei es geboten, den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Übermaßverbot zuzulassen, auch wenn der Gesetzgeber einen solchen Nachweis nicht ausdrücklich geregelt habe.

Der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass die neuen Bewertungsvorschriften – zur Vermeidung des Übermaßverbotes – verfassungskonform dahin gehend ausgelegt werden müssen, dass im Einzelfall ein niedrigerer gemeiner Wert berücksichtigt werden könne, wenn der festgestellte Wert erheblich über dem normalen Maß liegt. Das Übermaßverbot kann laut BFH insbesondere dann verletzt sein, wenn eine Wertabweichung zwischen dem vom Finanzamt festgestellten Wert und dem tatsächlichen Wert von 40 % und mehr vorliegt.

Das FG Rheinland-Pfalz hatte zuvor im Beschluss vom 23.11.2023 (4 V 1295/23) festgestellt, dass die Bewertungsregeln verfassungskonform dahin gehend auszulegen seien, dass der Steuerpflichtige einen unter dem typisierten Grundsteuerwert liegenden niedrigeren Grundstückswert nachweisen könne, wobei für diesen Nachweis nicht zwingend ein Wertgutachten erforderlich sei.

Der BFH bestätigt, dass zur Vermeidung einer Übermaßbesteuerung im konkreten Einzelfall der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes geführt werden kann, um eine Aussetzung des Feststellungsbescheids über den Grundsteuerwert zu gewähren. Dabei reicht dem BFH zunächst ein hinreichender Sachvortrag des Steuerpflichtigen aus. Zum Nachweis verlangt der BFH von dem Steuerpflichtigen aber, ein Verkehrswertgutachten vorzulegen, aus dem sich ergibt, dass der gemeine Wert 40 % und mehr unter dem vom Finanzamt festgestellten Grundstückswert liegt.

FAZIT: Wer im Einspruchsverfahren gegen den Grundsteuerwertbescheid auf Unzulänglichkeiten bei der Wertermittlung hinweist, der sollte sich von den Hinweisen des Finanzamts, der Bodenrichtwert sei ein objektiver Wert und ansonsten müssten wertmindernde Faktoren des Grundstücks im Rahmen der Pauschalierung hingenommen werden, nicht abschrecken lassen. Steuerpflichtige sollten ihren Einspruch in solchen Fällen aufrechterhalten und ihn nicht auf die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Grundstücksbewertung beschränken.

Wie geht es mit den Einsprüchen gegen die Grundstückswertbescheide weiter?

Hier wird die Finanzverwaltung weitere Verfahren vor dem BFH abwarten. In Kürze könnten dort zwei Verfahren aus Baden-Württemberg anhängig werden. Denn das FG Baden-Württemberg hat mit Urteilen vom 11.06.2024 (8 K 2368/22 und 8 K 1582/23) entschieden, dass das Landesgrundsteuergesetz vom 04.11.2020 verfassungsgemäß sei, jedoch die Revision gegen die Urteile an den BFH zugelassen (Pressemitteilung Nr. 1/2024 vom 11.06.2024).

Weitere Verfahren dürften anhängig werden, wenn Grundstückseigentümer den Nachweis führen können, dass in ihrem Fall der gemeine Wert ihres Grundstücks um mehr als 40 % vom Grundstückswert im Feststellungsbescheid abweicht.

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Autor

Michael A. Lohmayer
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Wirtschaftsmediator
Testamentsvollstrecker (AGT)

Der Autor ist Partner der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn