Insolvenzantragspflicht in Zeiten der Corona-Krise

Die Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner mit Sitz in Heilbronn berät seit vielen Jahren mittelständische Unternehmen erfolgreich in schwierigen wirtschaftlichen Situationen. Herr Rechtsanwalt Harry Kressl, Fachanwalt für Insolvenzrecht und Wirtschaftsmediator ist spezialisiert auf die Begleitung der Unternehmen in Krisensituationen, die Restrukturierung in wirtschaftlichen und rechtlichen Belangen und die Begleitung der geschäftsführenden Organe. Seine Spezialisierung und sein Fachwissen sowie seine Erfahrung aus über 20 Jahren aktiver Praxis als Insolvenzverwalter, der alle Probleme der Unternehmen bis ins kleinste Detail kennt und seine Erfahrung als Wirtschaftsmediator mit psychologisch schwierigen Situationen, sei es mit Kreditinstituten, Lieferanten oder den eigenen Arbeitnehmern, qualifiziert ihn als kompetenten Begleiter zur Vermeidung haftungsträchtiger Situationen oder als Berater in bereits eingetretenen Konflikten. Er wird eng begleitet durch ein Team an Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern, welche zur Haftungsvermeidung notwendiges Zahlenwerk aufbereitet, analysiert und gegenüber den Beteiligten – soweit notwendig – transparent macht und Perspektiven aufzeigt. Der erfahrene Insolvenzverwalter hat Unternehmen in Konzernstruktur mit knapp 5.000 Mitarbeiter an 14 Standorten auf der ganzen Welt bis zum kleinen Handwerksbetrieb in Krisen begleitet und diese erfolgreich aus der Krise geführt.

Nach bisheriger Gesetzeslage waren die geschäftsführenden Organe von Kapitalgesellschaften dafür verantwortlich, dass bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (mit gewissen Einschränkungen) der Gesellschaft binnen einer Frist von maximal 3 Wochen ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft beim zuständigen Amtsgericht – Insolvenzgericht – gestellt wird. Soweit dieser Pflicht durch die Organe nicht nachgekommen wurde, hatte dies bislang sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Konsequenzen für die handelnden Personen persönlich zur Folge. Hierbei waren insbesondere die Abgrenzung von Zahlungsunfähigkeit zu einer insolvenzrechtlich nicht relevanten Zahlungsstockung von erheblicher Bedeutung. Ebenso waren die Erstellung von Fortführungskonzepten und Gutachten zur Insolvenzantragspflicht insbesondere in den Verhandlungen mit den Kreditinstituten bei der Restrukturierung von maßgeblicher Bedeutung.

Die zwischenzeitlich weltweit eingetretene Pandemie durch den Covid 19 Virus hat erhebliche Auswirkungen auf bestimmte Unternehmensbranchen und führt in diesen zu erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Der Gesetzgeber hat neben den aktuellen Programmen zur Sicherung der Liquidität dieser Unternehmen mit dem COVInsAG am 27. März 2020 mit Wirkung ab dem 01.03.2020 eine weitere Maßnahme ergriffen um die deutsche Wirtschaft weiter zu unterstützen.

Kurz zusammengefasst soll durch dieses Gesetz die Fortführung von Unternehmen, welche durch die Covid-19 Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind, erleichtern und die handelnden Organe davor schützen einen Insolvenzantrag stellen zu müssen. Diese Ausnahme von der Insolvenzantragspflicht ist derzeit ist zum 30.09.2020 begrenzt. Es bleibt abzuwarten ob hier eine weitere Verlängerung erfolgen wird.

Zweifelsohne ist diese befristete, gesetzliche Neuregelung vom Gesetzgeber gut gemeint und sicherlich auch geeignet im Einzelfall das Unternehmen in der Krise vor einer Zerschlagung zu bewahren. Allerdings birgt dieses Gesetz für die handelnden Organe auch erhebliche Risiken, gilt diese Einschränkung der Insolvenzantragspflicht doch nicht, wenn die Insolvenzreife, d.h. hauptsächlich die eingetretene Zahlungsunfähigkeit nicht auf den Folgen der Covid-19 Krise beruht oder wenn keine Aussichten bestehen die Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Dürfte die erste Einschränkung noch relativ einfach, aufgrund betriebswirtschaftlicher Zahlen – welche aktuell und ordnungsgemäß sein müssen – darstellbar sein, wird bei der zweiten Einschränkung jedoch eine nicht zu unterschätzende Hürde aufgebaut die es zu bewältigen gilt.

Hier müssen Ertrags- und Liquiditätsplanungen erstellt werden, die plausibel und nachvollziehbar sind und die letztendlich durch geschäftserfahrene und für Kreditinstitute unabhängige Berater des Unternehmens verifiziert und plausibilisiert werden müssen. Konzepte unter Darstellung der mittel- und langfristigen Entwicklung der Liquidität / Rentabilität und die Bilanzentwicklung während der Fortführung des Unternehmens in und nach der Krise müssen erstellt und deren Grundlagen dokumentiert werden um einerseits – was aufgrund nicht vorhersehbarer Umstände durchaus vorkommen kann – beim Scheitern der Fortführung die handelnden Organe vor straf- und zivilrechtlicher Inanspruchnahme zu schützen, andererseits aber zur Vermeidung dieser Situation alle Beteiligten von der Umsetzbarkeit des Konzeptes zu überzeugen und die Umsetzung selbst zu begleiten.

Auch die für den Aussetzungszeitraum durch das vorbezeichnete Gesetz eingeschränkte Haftungsgefahr für die handelnden Organe gilt es zu verstehen und in dem Konzept zu berücksichtigen und anzuwenden um eine nachhaltige Restrukturierung der Covid-19 bedingten Krise zu durchlaufen.

Das COVInsAG erleichtert auch die Beschaffung neuer, dringend benötigter liquider Mittel aufgrund eingeschränkter insolvenzrechtlicher Haftungs- und Anfechtungsgefahren für die handelnden Personen oder Institute, welche diese Mittel zur Verfügung stellen sollen.

Bei der Umsetzung dieses gesamten Maßnahmenpaketes, insbesondere der Dokumentation der notwendigen Planungen und deren Plausibilisierung sowie die Darstellung des gesamten Konzeptes gegenüber den beteiligten Geschäftspartnern, ist die Beauftragung eines entsprechend qualifizierten Beraters, idealerweise mit eigener langjähriger Expertise wie ein Insolvenzverwalter agiert, aus unserer Sicht unabdingbar.

Autor

Harry Kressl
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenzrecht

Der Autor ist Partner der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn