
Kaufrecht: Zustandsnote für Oldtimer als Beschaffenheitsvereinbarung
Der Erhaltungszustand spielt bei Oldtimern eine entscheidende Rolle: hierzu werden üblicherweise Zustandsnoten angegeben.
Wie ist es rechtlich zu bewerten, wenn die Zustandsnote im Kaufvertrag vom tatsächlichen Zustand abweicht und ein Gewährleistungsausschluss vereinbart war? Kann der Käufer gleichwohl Gewährleistungsansprüche, insbesondere Mängelbeseitigung und als letztes Mittel im Rahmen eines Rücktritts den Kaufpreis zurückverlangen?
Unter anderem mit diesen Fragen hatte sich zuletzt der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 23.07.2025 beschäftigt (BGH, Urteil vom 23.07.2025 – VIII ZR 240/24).
Sachverhalt (gekürzt)
Der Beklagte hatte als Privatverkäufer auf einer Onlineplattform eine Anzeige zum Verkauf eines Kraftfahrzeugs MG Typ B Roadster (Baujahr 1973) geschaltet. In der Fahrzeugbeschreibung wurde unter anderem im Bereich Zustandskategorie „teilrestauriert“ und in der Kategorie Zustandsnote die Note „2-3“ vergeben. Weiter gab es Beschreibungen zur technischen Ausstattung und durchgeführten Instandsetzungsarbeiten. Weiter enthielt die Anzeige zum Kaufpreis die Angabe „VB: 14.200,00 € (Zustand 2-3/ca. 17.000,00 €)“.
Der Käufer erwarb dann am 30.04.2020 den Oldtimer zum Kaufpreis von 13.800,00 €. Der Kaufvertrag enthielt eine übliche Klausel, wonach die Sachmängelhaftung mit Ausnahme der Haftung bei grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Pflichtverletzung, bei der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit, bei Arglist oder bei Beschaffenheitsvereinbarungen ausgeschlossen war. Im Kaufvertrag wurde ausdrücklich auch geregelt: „Der Verkäufer erklärt Folgendes verbindlich zum Zustand des Fahrzeugs: – siehe Gutachten – Note 2-3“.
Dem Käufer lagen zwei Gutachten vor, das ältere aus dem Jahr 2011 ergab eine Zustandsnote von „2,0“, das sechs Jahre jüngere Gutachten aus 2017 eine Gesamtzustandsnote „3- „.
Nachdem der Käufer das Fahrzeug zwei Jahre im Gebrauch hatte, stellten sich im Rahmen der Hauptuntersuchung beim TÜV gravierende Mängel fest. Die Erteilung einer Prüfplakette wurde abgelehnt. Die Bodengruppe war korrosionsgeschwächt, Schweller mehrfach gerostet, bei einem Schweller fehlte die Wagenheberaufnahme und das Radhaus an einigen Stellen durchgerostet.
Der Kläger verlangte vom Beklagten Mangelbeseitigung. Es wurde dann vom Kläger der Rücktritt erklärt, nachdem der Beklagte eine Beseitigung der Mängel abgelehnt hatte.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger vom Beklagten die Rückerstattung des Kaufpreises, zusätzlich die von ihm getätigten Aufwendungen und Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten, jeweils mit Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Oldtimers.
Weder in der I. noch in der II. Instanz bekam der Kläger Recht. Das Berufungsgericht, hier das Hanseatische Oberlandesgericht hatte angenommen, dass es kein Beschaffenheitsvereinbarung über eine Zustandsnote „2-3“ gebe. Der Verkäufer könne sich auf den vertraglichen Gewährleistungsausschluss berufen. Damit kämen die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche nicht in Betracht.
Entscheidung des BGH
Der BGH geht hingegen davon aus, dass eine Zustandsnote im Kaufvertrag über Oldtimer regelmäßig eine Beschaffenheitsvereinbarung darstellt, solange keine besonderen Umstände dagegensprechen. Daher könne ein Gewährleistungsausschluss hier nicht greifen.
Der BGH begründet dies zutreffend damit, dass Zustandsnoten beim Oldtimerkauf eine erhebliche rechtliche und praktische Bedeutung haben. Der Käufer verbindet mit der Zustandsnote die berechtigte Erwartung, dass der Verkäufer für das Vorliegen des angegebenen Zustands die Gewähr übernimmt.
Die Bedeutung der Zustandsnoten und die Verkaufsanzeige des Verkäufers habe das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung nicht hinreichend berücksichtigt.
Die Sache war für den BGH nicht entscheidungsreif. Denn hier müsste geklärt werden, ob der Oldtimer im Zeitpunkt der Übergabe tatsächlich der Zustandsnote „2-3“ entsprochen hat oder nicht. Auch muss geprüft werden, ob dann auch die weiteren Voraussetzungen der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche sowohl dem Grund als auch der Höhe nach vorliegen. Erfahrungsgemäß wird dann hierzu ein gerichtliches Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen. Die beiden dem Kaufvertrag zugrunde gelegten Gutachten aus 2011 und 2017 spielen laut BGH hierfür keine Rolle, zumal diese zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits veraltet waren. Auch ist es nicht rechtlich entscheidend, falls man annehmen sollte, dass die Sachverständigen damals keine zutreffende Zustandsnote ermittelt hatten. Denn die Zustandsnote als Beschaffenheitsvereinbarung wurde unabhängig von den Gutachten im Kaufvertrag geregelt und die Zusage des Käufers ergab sich zum aktuellen Zustand des Fahrzeugs, wozu veraltete Gutachten ohnehin keine Aussage hätten treffen können.
Der BGH hat das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Rückfragen? Beantworten wir gerne persönlich.
Autor
Michael Englert
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Der Autor ist Associate der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn