Erbrecht: Formloser Pflichteilsverzicht kann gültig sein

Erben können auf ihren Pflichtteil verzichten. Damit dieser Verzicht wirksam ist, muss er vor Eintritt des Erbfalles in der Regel notariell beurkundet werden. Der Verzicht kann aber auch nach Eintritt des Erbfalls erklärt werden. Dazu wird oft ein sogenannter Erlassvertrag geschlossen. Wichtig zu beachten: Ein solcher kann formfrei erklärt werden.

Wer sich über die Folgen seines Pflichtteilsverzichts irrt, kann ihn weder durch Anfechtung noch wegen Sittenwidrigkeit beseitigen. Das zeigt ein Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Koblenz (OLG Koblenz, Beschluss vom 27.07.2021, Az. 12 U 1681/20).

Der Fall: Ein Mann erklärt nach dem Tod seiner Mutter gegenüber dem Erben formlos einen Pflichtteilsverzicht. Dabei geht er davon aus, dass dieser mangels Einhaltung einer Form nicht rechtsverbindlich sei.

Mit der Erklärung wollte er den Erben dazu bringen, ihm kurzfristig 200.000 Euro aus einer angeblichen Forderung gegen die Erblasserin zu bezahlen. Als er erfährt, dass der Verzicht als Erlassvertrag formgültig und wirksam ist, ficht er diesen an und verlangt seinen Pflichtteil.

Ohne Erfolg: Eine Anfechtung komme nur in Betracht, wenn das Rechtsgeschäft andere als die erstrebten Rechtsfolgen erzeuge. Hier aber gab der Mann seine Erklärung ab, um die Erben zur Zahlung zu bewegen. Er nahm dabei rechtsirrig an, diese sei formunwirksam und erzeuge überhaupt keine Rechtsfolgen. Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durch den Erben scheide ebenfalls aus. Vielmehr müsse der Mann sich selbst arglistiges Handeln vorwerfen lassen.

Auch eine Sittenwidrigkeit des Pflichtteilsverzicht sehen die Richter nicht. Einerseits lege der Kläger nicht belastbar dar, wie hoch der potenzielle Pflichtteil ausgefallen wäre. Andererseits hätte es ihm freigestanden, den Pflichtteilsverzicht nicht zu unterzeichnen, sondern die Zahlung der 200.000 Euro und den Pflichtteil geltend zu machen. Dass sich der Mann angeblich in einer finanziellen Notsituation befunden habe, könne nicht zu Lasten des Erben gehen.

Rückfragen? Beantworten wir gerne.

Michael A. Lohmayer beherrscht als Fachanwalt für Erbrecht und Testamentsvollstrecker nicht nur die gesamte Klaviatur der erbrechtlichen Gestaltung, sondern er kann auch als Anwalt trefflich streiten, wenn es sein muss. Die komplizierten familiären, gesellschaftsrechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhänge erfordern meist eine individuelle Regelung. Und Michael Lohmayer gibt sich nicht eher zufrieden, bis er eine wirtschaftlich und steuerlich optimale Erbregelung für seine Mandanten gefunden hat – sowohl für Unternehmen, Unternehmer wie auch für Privatleute.

Autor

Michael A. Lohmayer
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Wirtschaftsmediator
Testamentsvollstrecker (AGT)

Der Autor ist Partner der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn