Gesetzliche Unfallversicherung: Betriebssport mit rechtlichen Tücken

Betriebssport erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Streit gibt es aber häufig, ob Sportunfälle dann über die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt sind.

Dies ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn es sich um einen Arbeitsunfall handelt. Die hierfür maßgeblichen Kriterien hat das Bundessozialgericht (BSG) entwickelt. Eine Anerkennung als Arbeitsunfall kommt beim Betriebssport nur unter engen Voraussetzungen in Betracht:

  • reiner Ausgleich; kein Wettkampfcharakter
  • regelmäßige Veranstaltung
  • grds. nur Teilnehmer des Unternehmens
  • Zeit und Dauer müssen im Zusammenhang mit betrieblicher Tätigkeit stehen
  • Organisation erfolgt unternehmensbezogen.
 
Die Rechtsprechung ist hierbei restriktiv, wie die nachfolgenden Entscheidungen aus den Jahren 2021 bis 2023 zeigen:
 

Unfall bei Teilnahme an betrieblichem Fußballturnier als betriebliches Gesundheitsmanagement – Arbeitsunfall verneint

Das Bundessozialgericht hat 2022 entschieden, dass ein Arbeitnehmer bei einer Verletzung im Rahmen der Teilnahme an einem betrieblichen Fußbalturnier keinen Anspruch auf Feststellung eines Arbeitsunfalls hat. Der Kläger brach sich beim Zusammenprall mit einem Gegenspieler bei einem der Fußballspiele das obere rechte Schienbein. Es habe sich bei dem Fußballturnier weder um die Ausübung von Betriebssport noch eine versicherte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt. Der Wettkampfcharakter habe im Vordergrund gestanden. Die Teilnahme an einer Sportveranstaltung begründet nicht allein deswegen Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung, weil sie von dem betrieblichen Gesundheitsmanagement des Beschäftigungsunternehmens mitorganisiert und unterstützt wird (BSG, Urteil vom 28. Juni 2022 – B 2 U 8/20 R).

Teilnahme an einem Firmenlauf mit Run-Party – Arbeitsunfall verneint

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg verneinte in einer Entscheidung aus dem Jahr 2023 die Feststellung eines Arbeitsunfalls bei einer Teilnahme an einem Firmenlauf mit Run-Party. Die Klägerin, beim Unternehmen zur Zeit des Unfalls als Beauftragte für Medizinproduktesicherheit beschäftigt, war nach dem Start beim Skaten auf nassem Untergrund ins Rutschen geraten. Hierbei stürzte sie und brach sich das rechte Handgelenk. Eine Operation und Komplikationen fürhrten zu einer ca. 1,5 Jahre andauernden Arbeitsunfähigkeit.

Es fehlt bereits an dem für den Betriebssport maßgeblichen Kriterium von regelmäßig stattfindenden Übungsstunden, da der Firmenlauf nur einmal jährlich stattfindet. Auch die notwendige unternehmensbezogene Organisation war nicht gegeben, da die Veranstaltung von einem Sportverein veranstaltet wurde und auch Teilnehmer zugelassen waren, die nicht im Unternehmen beschäftigt sind. Auch habe der Wettkampfcharakter überwogen (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. März 2023 – L 3 U 66/21).

Eintägiger vom Unternehmen organisierter Skitag – Arbeitsunfall verneint

Der Kläger war während des Skifahrens auf die linke Schulter gestürzt. Zentraler programmatischer Inhalt des Firmenskitages war das Skifahren bzw.  Alternativaktivitäten gewesen. Gemeinsame, auf Stärkung des Wir-Gefühls ausgelegte Programmpunkte aller Teilnehmer habe es nicht gegeben. Mangels betrieblicher Gemeinschaftsveranstaltung lehnte das Landessozialgericht Baden-Württemberg die Feststellung eines Arbeitsunfalls ab (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Mai 2021 – L 3 U 1001/20). Ein eintägiger, vom Unternehmer organisierter Skitag, der – wie im zu entscheidenden Fall – nicht in ein vorab erkennbares, auch sportlich nicht interessierte Mitarbeiter ansprechendes Veranstaltungsprogramm eingebettet ist, stellt keine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung dar (im Anschluss an Bundessozialgericht, Urteil vom 15. November 2016 – B 2 U 12/15 R). Mangels Regelmäßigkeit der Veranstaltung lag auch kein Betriebssport vor.

Resümee

Die Rechtsprechung erkennt nur in wenigen Ausnahmefällen einen Sportunfall im Betriebssport als Arbeitsunfall an. Schädlich für eine Anerkennung eines Arbeitsunfalls ist insbesondere der in den Rechtsfällen regelmäßig anzutreffende (reine) Wettbewerbscharakter der Veranstaltungen, insbesondere bei den beliebten betrieblich organisierten Fußballturnieren.

Betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen dienen der Förderung und Stärkung des betrieblichen Wir-Gefühls. Bei Planung und Einladung ist insbesondere darauf zu achten, dass die Veranstaltung allen Beschäftigen offensteht. Die Einladung und Teilnahme Externer ist mit einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung regelmäßig nicht vereinbar.

Es sollte in Zweifelsfällen geprüft werden, ob bei betrieblichen Veranstaltungen ein Versicherungsschutz im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung besteht oder nicht. Privatrechtliche Versicherungen im Betriebssport können eine Versicherungslücke unter Umständen schließen. Hier kann die Einschaltung eines Versicherungsmaklers sinnvoll sein. Bei der Teilnahme an einem Firmenturnier sollte auch darauf geachtet werden, ob der Veranstalter eine Sportversicherung abgeschlossen hat. Die Sportversicherung sollte insbesondere Unfälle bei der An- und Abreise sowie dem Aufenthalt am Turnierort (Turnierareal) in den Versicherungsschutz einbeziehen.

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Unsere Leistungen im Arbeitsrecht umfassen sowohl die einzelfallbezogene arbeitsrechtliche Beratung als auch die laufende Beratung von Unternehmen. Ferner entwickeln wir arbeitsrechtliche Unternehmensstrategien und setzen diese um.

Autor

Michael Englert
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Der Autor ist Associate der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn