Arbeitsrecht: Streit um Versetzung - Pfefferle Helberg & Partner erfolgreich in Bremen
In einem Streit über die Wirksamkeit einer Versetzung hat die Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner unter Federführung des Arbeitsrechtlers Michael Englert die Arbeitgeberseite erfolgreich vertreten. Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat die Klage des Arbeitnehmers mit Urteil vom 06.10.2021 abgewiesen.
Sachverhalt
Der klagende Arbeitnehmer ist bei der Beklagten seit 2018 als kaufmännischer Angestellter im Außendienst tätig. Die Beklagte ist ein bundesweit tätiges Direktvertriebsunternehmen.
Der Arbeitsvertrag enthält eine Klausel, wonach die Arbeitgeberin berechtigt ist, dem Arbeitnehmer eine andere, seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende, gleichwertige und gleich bezahlte Position zuzuweisen, soweit dies unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitnehmers zumutbar ist. Zudem finden sich Klauseln, wonach dem Mitarbeiter „derzeit“ ein bestimmtes Reisegebiet bzw. „derzeit“ ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen ist.
Die Arbeitgeberin wies dem Arbeitnehmer im April 2021 sowohl ein neues Reisegebiet als auch einen neuen Kundenkreis zu.
Der Arbeitnehmer klagte gegen die Versetzung. Die Versetzungsklausel sei unwirksam. Auch sei die Versetzung ohne sachlichen Grund erfolgt und entspreche damit bereits nicht billigem Ermessen im Sinne von §§ 106 GewO, 315 Abs. 3 S. 1 BGB.
Die Arbeitgeberin vertrat die Auffassung, die von ihr ausgesprochene Versetzung sei wirksam. Um eine nachhaltige Entwicklung des Reisegebiets sicherzustellen, sei unternehmensintern entschieden worden, das Reisegebiet anderweitig zu besetzen.
Der Kläger hat unstreitig nicht die vereinbarten Umsatzziele erreicht. Für die Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter seien Kenntnisse des Klägers branchenunabhängig verwertbar. Es war hierbei unstreitig, dass der Kläger vor seiner Beschäftigung bei der Beklagten in den verschiedensten Branchen als Quereinsteiger tätig war und folglich über ein hohes Maß an Flexibilität bei den Einsatzmöglichkeiten verfügt.
Die Arbeitgeberin habe berücksichtigt, dass der Kläger aufgrund der schulpflichtigen Kinder ein Reisegebiet erhält, bei dem ein Umzug nicht notwendig ist. Das neue Reisegebiet stelle sich auch nicht als finanziell nachteilig dar, da der Kläger unstreitig im alten Reisegebiet keine Vergütung oberhalb der garantierten Vergütung erzielen konnte.
Entscheidung
Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven folgte der Argumentation der Arbeitgeberin und wies die Klage ab.
Die Versetzungsklausel sah das erkennende Gericht als wirksam an. Ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners (§§ 133, 157 BGB) folge aus der Formulierung „derzeit“, dass die Parteien den Tätigkeitsinhalt hinsichtlich der Kundenzielgruppe sowie den Ort der Arbeitsleistung nicht vertraglich festgelegt haben. Vielmehr hat die Beklagte hier lediglich die Ausübung ihres Weisungsrechts im Arbeitsvertrag festgehalten (vgl. auch BAG, Urteil vom 13.06.2012 – 10 AZR 296/11).
Die Zuweisung des neuen Reisegebiets und der neuen Kundenzielgruppe hielt nach Meinung der Kammer der Ermessensausübungskontrolle nach §§ 106 GewO, 315 Abs. 1 BGB stand.
Die Beklagte habe bei ihrer Entscheidung nach Auffassung des Gerichts sowohl eigene als auch Arbeitnehmerinteressen berücksichtigt und gegeneinander abgewogen. Die Beklagte habe ausführlich dargelegt, aus welchen Erwägungen heraus sie dem Kläger ein neues Reisegebiet mit einer anderen Kundenzielgruppe zugeteilt hat. Maßgebend hierfür seien wirtschaftliche Erwägungen gewesen.
Kommentar
Gerade im Vertrieb und speziell bei Außendienstmitarbeitern sind sowohl die Reisegebiete als auch die Kundenzielgruppe regelmäßig nicht „in Stein gemeißelt“.
Die Entscheidung unterstreicht die große Bedeutung von Versetzungsklauseln in Arbeitsverträgen sowie das sich aus § 106 GewO ergebende Direktionsrecht.
Der Prüfung der Ermessensausübung gemäß §§ 106 GewO, 315 Abs. 1 BGB kommt bei gerichtlichen Auseinandersetzungen eine entscheidende Rolle zu. Hierbei sind sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmerinteressen zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen.
Rückfragen? Beantworten wir gerne persönlich.
Pfefferle Helberg mit Sitz in Heilbronn deckt mit seinen Fachanwälten für Arbeitsrecht die gesamte Bandbreite im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht in der Beratung von Arbeitgebern ab.
Unsere Leistungen im Arbeitsrecht umfassen sowohl die einzelfallbezogene arbeitsrechtliche Beratung als auch die laufende Beratung von Unternehmen. Ferner entwickeln wir arbeitsrechtliche Unternehmensstrategien und setzen diese um.
Autor
Michael Englert
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Der Autor ist Associate der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn