Mietrecht: Mieter verweigert Zutritt (Messie-Verdacht) - Kündigung

Die Weigerung eines Mieters, den Vermieter in die Wohnung zu lassen, um einen „Messie“-Vorwurf auszuräumen, kann zum Verlust der Mietwohnung führen, wie ein Urteil des Amtsgerichts Ludwigshafen zeigt (AG Ludwigshafen, Urteil vom 29.03.2021 – 2i C 228/20).

Sachverhalt

Der Beklagte war seit 18 Jahren Mieter der Mietwohnung. Das Mietverhältnis lief bis Anfang 2020 beanstandungsfrei, insbesondere zahlte der Mieter die Miete stets pünktlich und vollständig.

Im Februar 2020 prüfte ein Monteur in der streitgegenständlichen Mietwohnung den Satellitenempfang auf eine Fehlfunktion. Der Monteur informierte den Vermieter im Anschluss, es würde sich um eine sogenannte „Messie“-Wohnung handeln. Die Firma würde zukünftig keine Aufträge mehr für die Mietsache annehmen.

Der Vermieter bat den Mieter daraufhin, ihr Zutritt zur Mietwohnung zu gewähren, um den „Messie-“ Vorwurf prüfen zu können.

Am 17.04.2020 gab der Vermieter dem Mieter mehrere Besichtigungstermine zwecks Auswahl vor. Der Mieter teilte mit, er sei erkrankt und könne aufgrund der pandemiebedingten Kontaktsperren den Termin nicht wahrnehmen. Im Mai 2020 unternahm der Vermieter dann mehrere weitere Anläufe, sich durch Vereinbarung eines Besichtigungstermins Zutritt zur Mietwohnung zu verschaffen. Der Mieter bestätigte weder einen Terminvorschlag noch bot er selbst einen Termin an noch gewährte er Zutritt zur Wohnung. Fristen, die der Vermieter setzte, ließ der Mieter verstreichen.

Im Juni 2020 erhob der Vermieter Klage auf Duldung des Zutritts zur Mietwohnung. Es erging am 09.07.2020 ein Versäumnisurteil.

Der Vermieter schlug dann drei Besichtigungstermine vor und kündigte flankierend die Vollstreckungsandrohung aus dem Versäumnisurteil an. Der Mieter ließ die gesetzte Frist verstreichen und ließ sich auch von einer weiteren Fristsetzung nebst Abmahnung und Androhung der Kündigung nicht beeindrucken.

Mit Beschluss des AG Ludwigshafen vom 14.10.2020 wurde gegen den Mieter dann ein Zwangsgeld festgesetzt, um den Zutritt zu erzwingen. Selbst das brachte den Mieter nicht zu einem Umdenken.

Letztmalig forderte der Vermieter den Mieter am 05.11.2020 zur Benennung eines Besichtigungstermins auf. Gleichzeitig erklärte der Vermieter die fristlose sowie fristgerechte Kündigung des Mietverhältnisses wegen Nichtgewährens des Zutritts zur Mietwohnung.

Ein Auszug erfolgte nicht. Der Vermieter klagte daraufhin auf Räumung und Herausgabe der Mietwohnung.

Rechtliche Würdigung

Das AG Ludwigshafen gab der Räumungsklage statt. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1  S. 1 BGB für eine fristlose Kündigung lag vor. Die Pflichtverletzung des Mieter bestand darin, dem Vermieter den Zutritt zur Mietwohnung zu verweigern. Der Vermieter sei hierzu aufgrund seines Eigentumsrechts aus Artikel 14 GG berechtigt gewesen. Der Vermieter hatte aufgrund der Mitteilung des Monteurs anlassbezogen ein Interesse, zeitnah nach seinem Eigentum zu schauen.

Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls sowie der beidseitigen Interessen sei dem Vermieter nicht zumutbar.

Das langjährige bislang konfliktfrei verlaufende Mietverhältnis konnte den Mieter nicht retten. Der Mieter habe sich über ein Jahr lang beharrlich geweigert, den Zutritt zur Mietwohnung zur Überprüfung zu gestatten. Eine Besichtigung sei unter Einhaltung von Hygienebedingungen sowie Abstandsregelungen möglich gewesen. Nicht einmal der Duldungs- und Vollstreckungstitel habe eine Einsicht beim Mieter bewirkt.

Der Vermieter habe rechtlich alles mögliche ausgeschöpft, insbesondere vorher abgemahnt. Eine Abmahnung wäre hier aber sogar entbehrlich gewesen.

Praxishinweis

Schätzungsweise ist jeder 20. Mensch in Deutschland vom Messie-Syndrom, d.h. Zwangshorten betroffen (Quelle: AOK-Bundesverband). Es handelt sich um eine psychische Störung, die unabhängig vom sozialen Status in allen Bevölkerungsschichten anzutreffen ist.

Die Vermieterberatung im Zusammenhang mit Messie-Mietern gestaltet sich häufig komplex. So ist das Messie-Syndrom an sich kein Kündigungsgrund. Denn nicht jeder vom Messie-Syndrom betroffene Mieter lebt in Unrat, Schmutz und Müll. Um eine Kündigung zu rechtfertigen, muss in der Regel immer eine Objektgefährdung, beispielsweise durch übliche Gerüche, Schimmelschäden aufgrund des Wohnverhaltens, Befall der Wohnung mit Schädlingen, hinzutretende übermäßige und nicht artgerechte Haltung von Haustieren, Gefährdung des Brandschutzes oder etwa Vermüllen/Zustellen von Gemeinschaftsflächen wie Treppenhaus, Eingangsbereich, Keller etc. hinzutreten.

Der Vermieter muss bei greifbaren Verdachtsmomenten die Möglichkeit haben, durch Zutritt in die Mietwohnung einen „Messie“-Vorwurf zu überprüfen. Weigert sich der Mieter, zeigt die Entscheidung des AG Ludwigshafen eine Möglichkeit auf, sich vom Mieter zu trennen.

Bestätigt sich der Verdacht einer „Messie“-Wohnung, ist regelmäßig rasches Handeln geboten, insbesondere um einem behördlichen Einschreiten zuvor zu kommen, das teuer für den Eigentümer der Wohnung als sog. Zustandsstörer werden kann. Denn erst einmal ist der Eigentümer der Mietwohnung ordnungsrechtlich für den ordnungsgemäßen Zustand der Wohnung verantwortlich.

Zudem drohen dem Vermieter einer Eigentumswohnung bei einem Nichtstun auch rechtliche Schritte durch die Wohnungseigentümergemeinschaft.

Rückfragen? Beantworten wir gerne persönlich.

Pfefferle Helberg mit Sitz in Heilbronn berät Vermieter in der Wohnraummiete außergerichtlich als auch gerichtlich im Rahmen der Prozessführung. Bei Bedarf besteht auch die Möglichkeit einer Dauerberatung, für die Ihnen unsere Anwaltskanzlei in Heilbronn gerne ein maßgeschneidertes Angebot unterbreitet.

Des Weiteren vertritt die Kanzlei, federführend durch Rechtsanwalt Michael Englert im gewerblichen Mietrecht sowohl die Mieter- als auch Vermieterseite.

Die Beratung des Fachanwalts für Miet- und Wohnungseigentumsrecht reicht von der Begleitung bei Vertragsverhandlungen, der Gestaltung des Mietvertrags, Betriebskostenrecht, Mieterhöhungen, Abmahnung und Kündigung problematischer Mieter, Eigenbedarfskündigung, Verwertungskündigung, Beitreibung von Mietrückständen, Prozessführung einschließlich Räumungsklage bis hin zur Zwangsvollstreckung, insbesondere der Räumungsvollstreckung.

Rechtsanwalt Michael Englert vertritt Vermieter insbesondere auch im Umgang mit Mietnomaden, Messies, Querulanten, gewalttätigen Mietern, Zweckentfremdung des Mietgegenstands, Stromdiebstahl, unberechtigter Untervermietung und Überbelegung.

Wirtschaftliche und pragmatische Problemlösungen stehen dabei im Vordergrund.

Autor

Michael Englert
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Der Autor ist Associate der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn