Arbeitsrecht: Keine wirksame Befristung mit gescannter Unterschrift

Zwar ist die Digitalisierung in aller Munde. Nicht so aber in der Gesetzeswirklichkeit. Eine gescannte Unterschrift auf dem Arbeitsvertrag macht eine Befristung unwirksam, wie eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg zeigt (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.03.2022 – 23 Sa 1133/21 -, Pressemitteilung Nr. 07/22 des LAG Berlin-Brandenburg vom 13.04.2022).

Sachverhalt

Die klagende Arbeitnehmerin war bei der Beklagten, einem Unternehmen des Personalverleihs tätig. Über mehrere Jahre schlossen die Parteien bei Aufträgen von entleihenden Betrieben und Einverständnis der Klägerin mehr als 20 kurzzeitig befristete Arbeitsverträge. Die Arbeitsverträge bezogen sich jeweils auf eine anstehende ein- oder mehrtätige Tätigkeit. Zuletzt ging es um eine mehrtätige Tätigkeit als Messehostess. Dabei erhielt die Klägerin einen auf diese Tage befristeten Arbeitsvertrag. Dieser Arbeitsvertrag enthielt eine eingescannte Unterschrift des Geschäftsführers der Beklagten. Die Klägerin unterschrieb den Arbeitsvertrag und ließ ihn der Beklagten per Post zukommen.

Die Arbeitnehmerin klagte innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist auf Unwirksamkeit der zuletzt vereinbarten Befristung wegen Nichteinhaltung der Schriftform. In der Zwischenzeit hat die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Kündigung ausgesprochen.

Entscheidung

Sowohl das LAG Berlin-Brandenburg als auch das Ausgangsgericht haben der Klage stattgegeben. Aufgrund der Unwirksamkeit der Befristungsabrede besteht das Arbeitsverhältnis im konkreten Fall bis zur Beendigung durch die ausgesprochene Kündigung fort.

Die vereinbarte Befristung ist dem Berufungsgericht zufolge mangels Einhaltung der gemäß § 14 Absatz 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) zwingend vorgeschriebenen Schriftform unwirksam.

Die Schriftform ist in § 126 BGB geregelt. Die Schriftform erfordert eine eigenhändige Unterschrift oder eine qualifizierte elektronische Signatur. Der vorliegende Scan einer Unterschrift genügt diesen Anforderungen nicht.

Es scheiterte im konkreten Fall an der Eigenhändigkeit. Bei einer mechanischen Vervielfältigung der Unterschrift, auch durch datenmäßige Vervielfältigung durch Computereinblendung in Form eines Scan liege keine Eigenhändigkeit vor. Der Scan stellt auch keine qualifizierte elektronische Signatur dar.

Durch eine spätere eigenhändige Unterzeichnung des befristeten Vertrages auch durch den Personalverleiher könne der Schriftformmangel nicht geheilt werden.

Eine abweichende Vertragspraxis in der Vergangenheit helfe dem Arbeitgeber nicht. Es fehlt an einem schutzwürdigen Interesse des Arbeitgebers.

Kommentar

In einer zunehmend digitalen Arbeitswelt wirken strenge Schriftformerfordernisse, wie sie auch § 623 BGB bei der Kündigung kennt, überholt.

Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg ist alleine schon auf Grund des eindeutigen Wortlauts in § 14 Abs. 4 TzBfG wenig überraschend.

In der Vergangenheit hat bereits das Hessische Landesarbeitsgericht entschieden, dass ein Telefax zur Einhaltung der Schriftform ebenso wenig genügt wie eine E-Mail (Hessisches LAG, Urteil vom 04.06.2019 – 9 Sa 506/18).

Selbst eine eigenhändige unleserliche Unterschrift birgt Risiken, wie eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm (Westfalen) zeigt. So erfüllt eine Unterschrift, die an eine „Wellenlinie“ erinnert, ebenfalls nicht die Schriftform gemäß § 126 BGB und führt zur Unwirksamkeit der Befristungsabrede (LAG Hamm (Westfalen), Urteil vom 10.06.2020 – 3 Sa 23/20). 

Nur in krassen Ausnahmefällen kann sich die Berufung des Arbeitnehmers auf die fehlende Schriftform als rechtsmissbräuchlich oder treuwidrig gemäß § 242 BGB darstellen. 

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste: um nicht Gefahr zu laufen, dass die Befristung unwirksam ist, empfehlen wir dringend, dass ein befristeter Arbeitsvertrag vor Arbeitsaufnahme von beiden Seiten unterzeichnet wird. 

Rückfragen? Beantworten wir gerne persönlich.

Pfefferle Helberg mit Sitz in Heilbronn deckt mit seinen Fachanwälten für Arbeitsrecht die gesamte Bandbreite im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht in der Beratung von Arbeitgebern ab. 

Unsere Leistungen im Arbeitsrecht umfassen sowohl die einzelfallbezogene arbeitsrechtliche Beratung als auch die laufende Beratung von Unternehmen. Ferner entwickeln wir arbeitsrechtliche Unternehmensstrategien und setzen diese um.

Autor

Michael Englert
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Der Autor ist Associate der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn