Arbeitsrecht: Krankfeiern und Party machen - fristlose Kündigung

Krankgeschrieben und Party machen? Das passt nicht zusammen, meinte auch ein Arbeitgeber und kündigte seiner Beschäftigten fristlos. Zu Recht, so das Arbeitsgericht Siegburg (ArbG Siegburg, Urteil vom 16.12.2022 – 5 Ca 1200/22  – FD-ArbR 2023, 454987).

Sachverhalt

Die Klägerin war bei der Beklagten als Pflegeassistentin tätig. Für den Samstag, 02.07.2022 und Sonntag, 03.07.2022 war sie zum Spätdienst eingeteilt. Die Klägerin meldete sich für diese Dienste krank.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag fand in H. in einer Lokalität eine „White Night Ibiza Party“ statt. Auf dieser Veranstaltung entstanden auch Fotos, die die Klägerin feiernd zeigten. Sowohl auf der Internetseite des Veranstalters als auch im WhatsApp-Status der Klägerin waren die Bilder veröffentlicht.

Die Beklagte erfuhr hiervon und kündigte der Klägerin fristlos. Dagegen erhob die Klägerin eine Kündigungsschutzklage.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht Siegburg wies die Klage ab. Die fristlose Kündigung sei wirksam. Der wichtige Kündigungsgrund besteht darin, dass die Klägerin über ihre Erkrankung getäuscht und das Vertrauen zerstört habe. Zwar habe sie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen können. Deren Beweiswert sei aber aufgrund der Fotos erschüttert. Die Fotos zeigten die Klägerin nämlich bestens gelaunt und bei bester Gesundheit.

Das Gericht würdigte auch das Vorverhalten der Arbeitnehmerin. Die Klägerin neige dazu, die Unwahrheit zu sagen, was sich auch aus weiteren Erklärungen im Verfahren ergeben habe.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Praxishinweis

Es gilt nach wie vor der Grundsatz: wer krank ist, sollte zu Hause bleiben. Die Arbeitnehmer und Arbeitgeber gehen regelmäßig sehr verantwortungsvoll mit dem Thema Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit um.
 
Leider gibt es aber einige wenige „schwarze Schafe“, die die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf fragwürdigem Wege erhalten, um krankfeiern zu können.
 
Sowohl ein genesungswidriges Verhalten als auch eine erschlichene ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung können zu einer fristlosen Kündigung führen. Ob eine fristlose Kündigung wirksam ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Hier wird das Arbeitsgericht dann neben dem Grad der Pflichtverletzung auch prüfen, ob nicht eine Abmahnung als milderes Mittel in Betracht gekommen wäre.
 
Ein genesungswidriges Verhalten eines Arbeitnehmers kommt sowohl bei privaten Bauarbeiten zuhause, der Tätigkeit für einen anderen Arbeitgeber als auch Freizeitaktivitäten in Betracht, die sich mit einer Arbeitsunfähigkeit nur schwer in Einklang bringen lassen.
 
So hat das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2006 beispielsweise eine außerordentliche Kündigung wegen eines Skiurlaubs des Arbeitnehmers in Zermatt während der Arbeitsunfähigkeit für wirksam befunden (BAG, Urteil vom 02.03.2006 – 2 AZR 53/05).
 
Häufig lässt sich das Krankfeiern eines Mitarbeiters aber nicht oder nur mit erheblichem Aufwand, z.B. durch Einschaltung eines Privatdetektivs oder Aussage eines Zeugen belegen.
 
Die Entscheidung zeigt aber, dass soziale Medien sowie das Internet mit verhältnismäßig wenig Aufwand konkrete Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen von Arbeitnehmern liefern können, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen.
 
Der Mitarbeiter schafft so Beweismittel gegen sich selbst.
 
Zudem macht die Entscheidung deutlich, dass man sich vorher genau überlegen sollte, ob und welche Erklärungen man als Arbeitnehmer gegenüber dem Gericht und vor Ausspruch der Kündigung gegenüber dem Arbeitgeber abgibt.

Rückfragen? Beantworten wir gerne persönlich.

Pfefferle Helberg mit Sitz in Heilbronn deckt mit seinen Fachanwälten für Arbeitsrecht die gesamte Bandbreite im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht in der Beratung von Arbeitgebern ab.

Unsere Leistungen im Arbeitsrecht umfassen sowohl die einzelfallbezogene arbeitsrechtliche Beratung als auch die laufende Beratung von Unternehmen. Ferner entwickeln wir arbeitsrechtliche Unternehmensstrategien und setzen diese um.

Autor

Michael Englert
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Der Autor ist Associate der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn