Mietrecht: Vermieter vor Aufnahme von Flüchtlingen fragen

Eine Entscheidung des Amtsgerichts München zeigt, dass eine Erlaubnis zur Überlassung von angemietetem Wohnraum an Flüchtlinge nicht so ohne Weiteres möglich ist (AG München, Endurteil vom 20.12.2022 – 411 C 10539/22).

Sachverhalt

Der Kläger verlangt von den Beklagten die Erlaubnis, den Gebrauch seines von ihm angemieteten Einfamilienhauses teilweise an zwei Asylbewerber aus der Ukraine zu überlassen.

Der Kläger hat mit Mietvertrag ein ca. 240 qm großes Einfamilienhaus mit Wirkung zum 15.11.2021 von den Beklagten gemietet. Er bezog das Haus zuerst mit seinen beiden minderjährigen Kindern und dem Familienhund. Die Beklagten bewohnen ein daneben liegendes Einfamilienhaus.

Im Mietvertrag wurde geregelt, dass der Vermieter eine Untervermietung ausschließt. Weiter hieß es darin: „Sollte es zu diesem Punkt Gesprächsbedarf geben wird diese im Vorfeld genau besprochen und definiert. Mit Herrn P… wurde vereinbart, dass er an seine Firma Räume und Kellerräume vermieten darf.“

Im Zuge einer mündlichen Anfrage des Klägers im März 2022, hatten die Beklagten zunächst die Aufnahme zweier junger Frauen mit einem Kind, die aus der Ukraine geflüchtet sind, befristet bis zum 14.05.2022 gestattet. Die Beklagten waren der Auffassung gewesen, es habe sich nur um einen kurzen Aufenthalt mit Besuchscharakter gehandelt, den sie ohnehin nicht hätten verbieten können.

Im März 2022 sind in das Dachgeschoss des vom Kläger angemieteten Hauses stattdessen eine Oma nebst Enkelin, ebenfalls Flüchtlinge aus der Ukraine, eingezogen.

Der Kläger forderte die Beklagten mit Schreiben vom 15.05.2022 unter Hinweis darauf, dass die Regelung zum Ausschluss der Untervermietung im Mietvertrag unwirksam sei, auf, innerhalb einer Frist bis zum 20.05.2022 der Untervermietung der Dachgeschosswohnung an diese beiden Flüchtlinge aus „humanitären Gründen und persönlichen berechtigten Interessen“ zuzustimmen.

Die Beklagten wiesen in ihrem Antwortschreiben darauf hin, dass sie mit einer über einen Besuch hinausgehenden Unterbringung Dritter nicht einverstanden sind. Es wurde eine Frist zum Verlassen der Wohnung bis 16.08.2022 gesetzt.

Es folgten dann weitere Aufforderungen des Mieters zur Zustimmung zur Untervermietung nebst Rückantworten der Vermieter, in dem sie dies ablehnten.

Beide Flüchtlingspersonen bewohnen nach wie vor die Dachgeschosswohnung.

Entscheidung

Das AG München wies die Klage des Mieters mit sehr umfangreicher Begründung ab. 

Zwar könne ein Recht zur Unvermietung nicht generell im Mietvertrag ausgeschlossen werden. Ein Recht zur Untervermietung eines Teils des von ihm angemieteten Hauses bestehe gleichwohl nicht. Die Vorschrift des § 553 Abs. 1 BGB wurde nicht dazu geschaffen, damit der Mieter die Interessen anderer Personen, hier Geflüchteter wahrnehmen kann, sondern der Vermieter sollte nur ausnahmsweise die Untervermietung des Mieters erlauben müssen, wenn sich die persönlichen und/oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters so geändert haben, dass er die Wohnung aufgeben müsste, wenn ihm eine Untervermietung nicht gestattet ist.

Weiter führt das AG München aus, dass vom Gesetzgeber vorgesehen ist, dass eine solche Untervermietung erst erfolgt, wenn der Vermieter eine Erlaubnis hierzu erteilt hat und dem Vermieter die Daten der fraglichen Untermieter mitgeteilt werden. Dies sei hier auch nicht erfolgt.

Anmerkung

Das Urteil des AG München ist noch nicht rechtskräftig. Der Mieterverein München, der den Mieter bereits in der 1. Instanz unterstützt hat, ist gegen die Entscheidung in Berufung gegangen (Quelle: Pressemitteilung des Mietervereins München vom 21.12.2022). 

Die Bereitschaft in der Bevölkerung, Geflüchtete, insbesondere aus der Ukraine auf unbürokratischem und direktem Weg zu helfen, verdient Anerkennung.

Eine geplante Unterbringung von Flüchtlingen in einem Teil der selbst angemieteten Wohnung sollte aber unbedingt vorher mit dem Vermieter abgeklärt werden. Sonst kann das ein böses juristisches Nachspiel haben. Wer als Mieter einen Flüchtling oder Asylbewerber ohne Zustimmung des Vermieters bei sich unterbringt, riskiert eine Kündigung.

§ 540 Abs. 1 BGB gibt kein Recht auf Untervermietung der ganzen Wohnung ohne Erlaubnis. § 553 Abs. 1 BGB regelt die Überlassung eines Teil des Wohnung bei berechtigtem Interesse des Mieters. Hierzu gehören auch wirtschaftliche Interessen des Mieters. Ein berechtigtes persönliches Interesse kann die Aufnahme nahestehender Personen, z.B. der Eltern des Mieters sein. Hier stößt man im vorliegenden Fall auf die Problematik, dass humanitäre Gründe, mag es sich um noch so hehre Motive handeln, kein berechtigtes Interesse im Sinne dieser Vorschrift sein dürften.

Untervermietungen dürften auch aus anderem Grund zukünftig wieder stärker in die Beratungspraxis rücken:

Aufgrund der steigenden Mietpreise und der massiven Erhöhung der Betriebskosten scheint es naheliegend, dass ein Gericht eine Untervermietung von Teilen der Wohnung zur Reduzierung der eigenen Mietaufwendungen zulassen dürfte. Die Interessen des Vermieters sind in einem solchen Fall dadurch gewahrt, dass er einen Zuschlag nach § 553 Abs. 2 BGB auch im Hinblick auf die Betriebskostenvorauszahlung verlangen kann.

Eine Überbelegung der Mietwohnung muss der Vermieter hingegen nicht hinnehmen und kann eine Gebrauchsüberlassung verweigern. Bei einer unerlaubten Gebrauchsüberlassung steht auch häufig das Mietverhältnis als solches auf dem Spiel. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann auch eine fristlose oder ordentliche Vermieterkündigung in Betracht kommen.

Rückfragen? Beantworten wir gerne persönlich.

Pfefferle Helberg mit Sitz in Heilbronn berät Vermieter in der Wohnraummiete außergerichtlich als auch gerichtlich im Rahmen der Prozessführung. Bei Bedarf besteht auch die Möglichkeit einer Dauerberatung, für die Ihnen unsere Anwaltskanzlei in Heilbronn gerne ein maßgeschneidertes Angebot unterbreitet.

Des Weiteren vertritt die Kanzlei, federführend durch Rechtsanwalt Michael Englert im gewerblichen Mietrecht sowohl die Mieter- als auch Vermieterseite.

Die Beratung des Fachanwalts für Miet- und Wohnungseigentumsrecht reicht von der Begleitung bei Vertragsverhandlungen, der Gestaltung des Mietvertrags, Betriebskostenrecht, Mieterhöhungen, Abmahnung und Kündigung problematischer Mieter, Eigenbedarfskündigung, Verwertungskündigung, Beitreibung von Mietrückständen, Prozessführung einschließlich Räumungsklage bis hin zur Zwangsvollstreckung, insbesondere der Räumungsvollstreckung.

Rechtsanwalt Michael Englert vertritt Vermieter insbesondere auch im Umgang mit Mietnomaden, Messies, Querulanten, gewalttätigen Mietern, Zweckentfremdung des Mietgegenstands, Stromdiebstahl, unberechtigter Untervermietung und Überbelegung.

Wirtschaftliche und pragmatische Problemlösungen stehen dabei im Vordergrund. 

Autor

Michael Englert
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Der Autor ist Associate der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn