Öffentliches Recht: Schottergarten vs. Begrünungsgebot

Sogenannte Schottergärten erfreuen sich in Deutschland seit Beginn des 21. Jahrhunderts wachsender Beliebtheit. Baurechtlich sind sie regelmäßig unzulässig. Bei behördlichem Einschreiten droht die Beseitigung, wie eine Entscheidung des OVG Niedersachsen verdeutlicht (OVG Niedersachsen, Beschluss vom 17.01.2023 – 1 LA 20/22).

Sachverhalt (verkürzt)

Zwei Kiesbetten, die als Schottergärten qualifiziert wurden, waren der beklagten Bauaufsichtsbehörde ein Dorn im Auge. Die Beklagte erließ gegen die Eigentümer (Kläger) einen Bescheid, die Kiesbetten zu beseitigen. Dies sahen die Grundstückseigentümer nicht ein. Sie klagten gegen die bauaufsichtliche Beseitigungsverfügung. Unter anderem haben die Kläger eingewandt, dass sich in den Kiesbetten auch einzelne Pflanzen und Gehölze befinden, was unstreitig der Fall war.

Entscheidung

Das OVG Niedersachsen bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover. Die Klage der Eigentümer wurde abgewiesen.

Gestützt wurde die Beseitigungsanordnung auf § 9 Abs. 2 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO). Die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke müssen hiernach Grünflächen sein, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind.

Sowohl die I. als auch die II. Instanz sahen in den streitgegenständlichen Kiesbetten als Schottergärten einen Verstoß gegen das Begrünungsgebot. Schottergärten sind bauordnungsrechtlich unzulässig. Das kann anders zu beurteilen sein, wenn Steinelemente nur eine untergeordnete Rolle spielen, also die Bepflanzung überwiegt. Im zu entscheidenenden Fall spielte das Grün nach Ansicht der Richter eine untergeordnete Rolle. Die beiden 50 qm großen Beete waren mit Kies bedeckt, in denen 25 (Nadel-) Pflanzen eingesetzt waren. Das war dem Verwaltungsgericht zu wenig, da die eigentliche Bodenoberfläche vollständig mit Kies bedeckt war und so im bepflanzten Zustand keinen Lebensraum für Insekten und Mikroorganismen bietet.

Anmerkung

Über deutschen Schottergärten schwebt das Damoklesschwert einer drohenden Beseitigungsverfügung. Dieses Risiko mag angesichts der überlasteten Verwaltung (bislang) vernachlässigbar sein. Wenn es einen Grundstückseigentümer dann aber trifft, die Beseitigungsanordnung wird im Übrigen regelmäßig mit einem Zwangsgeld versehen, wird er mit seinem Ansinn, den Schottergärten erhalten zu dürfen, beim Verwaltungsgericht regelmäßig kaum Gehör finden.

Der konkret zu entscheidende Fall spielte zwar in Niedersachsen. Aufgrund vergleichbarer gesetzlicher Regelungen zum Begrünungsgebot in den anderen Bundesländern sind Schottergärten bundesweit baurechtlich unzulässig. In Baden-Württemberg findet sich in § 9 Abs. 1 der Landesbauordnung (LBO) eine vergleichbare Regelung:

„Die nichtüberbauten Flächen der bebauten Grundstücke müssen Grünflächen sein, soweit diese Flächen nicht für eine andere zulässige Verwendung benötigt werden. Ist eine Begrünung oder Bepflanzung der Grundstücke nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich, so sind die baulichen Anlagen zu begrünen, soweit ihre Beschaffenheit, Konstruktion und Gestaltung es zulassen und die Maßnahme wirtschaftlich zumutbar ist.“

In Baden-Württemberg ist zudem bereits am 31.07.2020 die Regelung des § 21a NatSchG in Kraft getreten, die weitere Vorgaben für Gartenanlagen macht:

„Es ist darauf hinzuwirken, dass Gartenanlagen insektenfreundlich gestaltet werden und Gartenflächen vorwiegend begrünt werden. Schotterungen zur Gestalltung von privaten Gärten sind grundsätzlich keine andere zulässige Verwendung im Sinne des § 9 Absatz 1 Satz 1 LBO. Gartenflächen sollen ferner wasseraufnahmefähig belassen oder hergestellt werden.“

Auf Bestandsschutz können sich die betroffenen Grundstückseigentümer bis auf wenige Ausnahmefälle nicht berufen. Denn ein Bestandsschutz oder Vertrauensschutz würde voraussetzen, dass der Schottergarten zu irgendeinem Zeitpunkt baurechtlich zulässig war, was aber nicht der Fall ist.

Streng genommen steht es auch nicht im Belieben der Behörden, ob sie gegen Schottergärten vorgehen oder nicht. Denn insoweit greift ein sogenanntes intendiertes Ermessen, sprich die Bauaufsichtsbehörde ist grds. zum bauaufsichtlichen Einschreiten verpflichtet.

Rückfragen? Beantworten wir gerne persönlich.

Autor

Michael Englert
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Der Autor ist Associate der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn