Arbeitsrecht: Arbeitnehmer muss Personalvermittlungsprovision nicht erstatten

Das Bundesarbeitsgericht hat eine weitere praxisrelevante Entscheidung zu Rückzahlungsklauseln in Arbeitsverträgen getroffen. Hiernach ist eine Klausel im Arbeitsvertrag unwirksam, die den Arbeitnehmer verpflichtet, seinem Arbeitgeber eine von ihm für das Zustandekommen an einen Dritten gezahlte Vermittlungsprovision („Headhunter“-Provision) zu erstatten (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.06.2023 – 1 AZR 265/22 – Pressemitteilung Nr. 29/23). 

Sachverhalt

Der Entscheidung liegt ein Arbeitsvertrag zugrunde, der Ende März 2021 geschlossen wurde. Arbeitsbeginn war 01.05.2021. Der Arbeitsvertrag kam durch die Vermittlung eines Personaldienstleisters zustande. Der Arbeitgeber (Beklagte) zahlte an diesen eine Vermittlungsprovision von 4.461,60 Euro. Eine weitere Zahlung von 2.230,80 Euro stand unter der Bedingung, dass das Arbeitsverhältnis noch nach Ablauf der sechsmonatigen Probezeit besteht. Der Arbeitnehmer (Kläger) verpflichtete sich in § 13 des Arbeitsvertrages, der Beklagten die Vermittlungsprovision zu erstatten, wenn das Arbeitsverhältnis nicht über den 30.06.2022 hinaus fortbesteht und es unter anderem aus vom Kläger „zu vertretenden Gründen“ von ihm selbst beendet würde.

Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 30.06.2021. Die Beklagte rechnete das Arbeitsverhältnis ab. Unter Verweis auf § 13 des Arbeitsvertrages behielt sie einen Teilbetrag von 809,21 Euro von der im Juni 2021 abgerechneten Vergütung ein. 

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Auszahlung des Teilbetrages. Die Beklagte macht mittels Widerklage die Erstattung der der restlichen Vermittlungsprovision in Höhe von 3.652,39 Euro geltend.

Entscheidung

Die Vorinstanzen hatten dem klagenden Arbeitnehmer Recht gegeben. Der Arbeitgeber wurde zur Zahlung in Höhe von 809,21 Euro verurteilt. Die Widerklage wurde abgewiesen.

Das Bundesarbeitsgericht bestätigt die Entscheidungen. Die Erfurter Richter folgten der Argumentation des Arbeitnehmers, dass die Klausel in § 13 des Arbeitsvertrages ihn unangemessen benachteilige. Die Regelung sei nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Überdies wird der Arbeitnehmer in seinem Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes nach Art. 12 Abs. 1 S. GG benachteiligt. Ein begründetes Interesse für diesen Grundrechtseingriff liegt nicht vor. Es mag sein, dass sich die finanziellen Aufwendungen für die Personalbeschaffung für den Arbeitgeber nicht gelohnt haben. Hierbei handelt es sich aber um ein unternehmerisches Risiko, dass nicht auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden kann. Denn der Arbeitgeber hätte die Personalgewinnung nicht zwingend auf einen externen Dienstleister auslagern (outsourcen) müssen. Nicht zuletzt hat der Kläger auch keinerlei Vorteil, die die Beeinträchtigung seines Grundrechts kompensieren würde.

Kommentar

Das eindeutige Urteil war vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Rechtsprechung zu Rückzahlungsklauseln zu erwarten. Alles andere wäre eine faustdicke Überraschung gewesen.

In der Praxis kommen Rückzahlungsklauseln in Arbeitsverträgen sehr häufig vor, beispielsweise im Rahmen von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen.

Rückzahlungsklauseln in Arbeitsverträgen werden von der Rechtsprechung seit längerem kritisch bewertet. Häufig scheitern Klauseln daran, dass der Arbeitnehmer die Rückzahlung durch eigene Betriebstreue nicht verhindern kann. In anderen Fällen versuchen Arbeitgeber in unzulässiger Weise, das unternehmerische Risiko auf den Arbeitnehmer abzuwälzen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass Arbeitgeber auf Rückzahlungsklauseln im Arbeitsvertrag verzichten müssen oder diese per se unwirksam sind. Wie eine auf Ihr Unternehmen abgestimmte Rückzahlungsklausel gelingen kann, erfahren Sie von uns.

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Pfefferle Helberg mit Sitz in Heilbronn deckt mit seinen Fachanwälten für Arbeitsrecht die gesamte Bandbreite im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht in der Beratung von Arbeitgebern ab.

Unsere Leistungen im Arbeitsrecht umfassen sowohl die einzelfallbezogene arbeitsrechtliche Beratung als auch die laufende Beratung von Unternehmen. Ferner entwickeln wir arbeitsrechtliche Unternehmensstrategien und setzen diese um.

Autor

Michael Englert
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Der Autor ist Associate der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn