Gewerberaummiete: BEG (IV) - Wegfall des Schriftformerfordernisses

Der Bundesrat hat jüngst am 18. Oktober 2024 dem Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV) zugestimmt. Unter anderem wird das Schriftformerfordernis bei langfristigen Gewerbemietverträgen wegfallen.

Nachdem der Deutsche Bundestag bereits am 26. September 2024 dem Bürokratieentlastungsgesetz zugestimmt hatte, passierte das Vierte Gesetz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie (Viertes Bürokratieentlastungsgesetz) nunmehr auch die Länderkammer.

Link zu den BT- und BR-Drucksachen (externer Link zum Bundesrat, dort unter TOP 9)

Die Gesetzesänderung führt zu einem Wegfall des Schriftformerfordernisses in § 550 BGB beim langfristigen Gewerberaummietvertrag. Mit der Gesetzesänderung genügt bei nach Verkündung des Gesetzes geschlossenen gewerblichen Mietverträgen die sog. Textform. 

Bis zur noch anstehenden Verkündung des Gesetzes bleibt es beim Schriftformerfordernis.

§ 126 BGB regelt zur Schriftform folgendes:

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.
(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.
 
Nach noch gültiger Rechtslage genügen daher z.B. per E-Mail geschlossene langfristige Mietverträge nicht der Schriftform und sind daher grds. ordentlich kündbar.
 

Zur Textform hingegen regelt § 126b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):

Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das

1. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und
2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.
 

Die Textform ist also gegenüber der Schriftform weniger streng: das heißt, zukünftig können auch z.B. per E-Mail oder WhatsApp geschlossene Mietverträge dem Formerfordernis genügen. Entsprechend erfolgt eine Änderung des Formerfordernisses auch bei Landpachtverträgen.

Durch das Schriftformerfordernis sollten in erster Linie die Erwerber einer Immobilie geschützt werden. In der Praxis waren Fehler beim Schriftformerfordernis aber auch ein Einfallstor, um ungewünschte Mietverträge auf Mieter- oder Vermieterseite unter Berufung auf einen Schriftformverstoß ordentlich kündigen zu können. Dies führte zu einer umfangreichen und ohne anwaltliche Beratung für die Mietparteien nicht mehr nachvollziehbaren Rechtsprechung. Gerade bei langfristigen Mietverträgen spielen Investitionen und damit einhergehend auch steuerliche Themen eine große Rolle, so dass Schriftformverstöße zu einer Rechtsunsicherheit und wirtschaftlichen Risiken auf Mieter- und/oder Vermieterseite führen. 

Für bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes entstandene Mietverträge, gilt eine Übergangsvorschrift von zwölf Monaten.

Die Verkündung des Gesetzes selbst dürfte nur noch Formsache sein.

Es ist erfreulich, dass die Einführung der weniger formalistischen Textform zumindest mittelfristig die Flexibilität und Effizienz gerade bei Vertragsschlüssen mit ausländischer Beteiligung auf Vermieter- und/oder Mieterseite erhöht.

Allerdings bleibt abzuwarten, ob gerade die Übergangsfrist genutzt wird, um nicht mehr gewünschte langfristige Mietverträge noch unter Verweis auf einen Schriftformverstoß zu kündigen.

Das A und O dürfte zukünftig – wie im Übrigen bereits zu Zeiten des Schriftformerfordernisses – eine geeignete vertragliche Dokumentation sowie der Kommunikation der Mietparteien sein. Gerade bei älteren Gewerberaummietverträgen fehlt es häufig an einer Dokumentation des gesamten E-Mail – bzw. Schriftverkehrs. 

Durch den Wechsel hin zur Textform können sich zukünftig weitere Abgrenzungsschwierigkeiten und Auslegungsfragen ergeben, ob eine Mitteilung z.B. per E-Mail noch zum Verhandlungsstadium gehört oder aber bereits zu einer Einigung und einem Vertragsschluss führt.

Die Änderung vom Schriftformerfordernis zum Textformerfordernis hat auch Auswirkungen bei Immobilientransaktionen und die vorzunehmende Due-Diligence-Prüfung.

Gerade bei umfangreichen Mietverträgen kann es unseres Erachtens nach wie vor eine Daseinsberechtigung für in Schriftform geschlossene Gewerbemietverträge geben.

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Pfefferle Helberg mit Sitz in Heilbronn berät Vermieter in der Wohnraummiete außergerichtlich als auch gerichtlich im Rahmen der Prozessführung. Bei Bedarf besteht auch die Möglichkeit einer Dauerberatung, für die Ihnen unsere Anwaltskanzlei in Heilbronn gerne ein maßgeschneidertes Angebot unterbreitet.

Des Weiteren vertritt die Kanzlei, federführend durch Rechtsanwalt Michael Englert im gewerblichen Mietrecht sowohl die Mieter- als auch Vermieterseite.

Die Beratung des Fachanwalts für Miet- und Wohnungseigentumsrecht reicht von der Begleitung bei Vertragsverhandlungen, der Gestaltung des Mietvertrags, Betriebskostenrecht, Mieterhöhungen, Abmahnung und Kündigung problematischer Mieter, Eigenbedarfskündigung, Verwertungskündigung, Beitreibung von Mietrückständen, Prozessführung einschließlich Räumungsklage bis hin zur Zwangsvollstreckung, insbesondere der Räumungsvollstreckung.

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Wirtschaftliche und pragmatische Problemlösungen stehen dabei im Vordergrund.

Autor

Michael Englert
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Der Autor ist Associate der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn