Mietrecht: zu kurze Besichtigung - fristlose Kündigung

Macht der Mieter bei einer Besichtigung zu enge Vorgaben, kann dies zur fristlosen Kündigung berechtigen. Dies zeigt ein aktueller vom Amtsgericht Hamburg entschiedener Fall (AG Hamburg, Urteil vom 04.07.2025 – 49 C 237/24).

Einleitung

Die Wohnung wegen der Nichtbeachtung eines gerichtlichen Titels zur Duldung einer Besichtigung zu verlieren, kommt zwar nicht alle Tage vor. Allerdings erleben wir es in der Beratungspraxis immer wieder, dass Mieter sich einem berechtigten Besichtigungsinteresse des Vermieters entgegenstellen, die Besichtigung entweder verweigern oder unangemessen erschweren.

Der Fall

Ursprünglich hatte der Mieter dem Vermieter einen Mangel an einer Steckdose im Flur sowie eine Rauchentwicklung des Ceranfelds gemeldet.

Der Vermieter begehrte eine Besichtigung, um die Mängelanzeige des Mieters zu prüfen.

Da es zu keiner Verständigung über eine Besichtigung kam, klagte der Vermieter vor dem AG Hamburg, ihm Zutritt zur Küche und Flur der Wohnung alleine oder in Begutachtung einer elektrotechnisch ausgebildeten Person oder einer von ihm bevollmächtigten Person für längstens 30 Minuten zu gewähren, zwecks Feststellung des Mangels am Herd in der Küche sowie an der Steckdose im Flur. Der Vermieter bekam Recht, wobei er vom Gericht verpflichtet wurde, fünf Besichtigungstermine vorzuschlagen.

Eine hiergegen eingelegte Berufung durch den Mieter beim Landgericht Hamburg hatte offensichtlich keinen Erfolg.

Der Mieter zeigte sich aber immer noch nicht so recht einsichtig und gab dem Vermieter auf, die Wohnung nur für 10 Minuten zu betreten, außer Flur und Küche keine anderen Räume zu betreten und Steckdose und Ceranfeld zwar anzusehen, aber nicht anzufassen.

Daraufhin kündigte der Vermieter dem Mieter fristlos, hilfsweise ordentlich mittels anwaltlichem Schreiben. Kündigungsgrund war die Verweigerung der gerichtlich titulierten Duldungspflicht.

Die Besichtigung fand nach Zustellung der Kündigung statt. Nachdem ein freiwilliger Auszug zunächst nicht erfolgt war, erfolgte der Auszug des Mieters nach Erhebung der Räumungsklage.

Der Mieter weigerte sich die vorgerichtlichen Anwaltskosten des Vermieters für das Kündigungsschreiben von 1.134,55 € brutto zu zahlen.

Die Entscheidung

Das AG Hamburg gab dem Vermieter Recht. Der Mieter muss die vorgerichtlichen Anwaltskosten des Vermieters als Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB erstatten.

Es handelt sich bei einer Nichtbeachtung einer gerichtlich titulierten Verpflichtung um eine schwerwiegende, die Kündigung rechtfertigende Vertragspflichtverletzung. Es steht der Mieterin insbesondere nicht frei, die Vorgaben ihrer gerichtlich rechtskräftig titulierten Duldungspflicht weiter einzuschränken. Einer Abhilfefrist nach § 543 Abs. 3 BGB bedarf es nicht, da der Mieterin bereits im Klagverfahren deutlich gemacht worden ist, was sie zu dulden hat. Eine nochmalige Fristsetzung wäre eine sinnlose Förmlichkeit.

Hinweis

Die Entscheidung zeigt vor allem zweierlei: zum einen wird die Bedeutung von Besichtigungen im Mietrecht unterschätzt – insbesondere auf Mieterseite lässt sich immer wieder feststellen, dass das Besichtigungsrecht des Vermieters nicht ernst genommen und versucht wird, das Besichtigungsrecht einzuschränken.

Zum anderen wird – losgelöst von diesem Fall- das deutsche Zwangsvollstreckungsrecht sowie insbesondere die Wirkung von gerichtlichen Vollstreckungstiteln, in der Regel Urteilen von manchem Schuldnern immer noch unterschätzt.

In der Rechtsprechung ist es anerkannt, dass die Nichtbefolgung rechtskräftig titulierter Verpflichtungen grundsätzlich eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Das AG Ludwigshafen hatte so bereits im Jahr 2021 im Falle einer Wohnungsbesichtigung (Az. 2 C 228/20), das AG München im Jahr 2022 für die Nichtduldung einer Schädlingsbekämpfung (Az. 420 C 3852/22) entschieden. 

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Autor

Michael Englert
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Der Autor ist Associate der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn