Mietrecht: Betriebskostenabrechnung gegenüber Mietern mit Bezug von Sozialleistungen

2023 wird auch das Jahr der Betriebskostenabrechnung. Alleine schon die Energiekrise mit stark gestiegenen Bezugspreisen dürfte für teils heftige Nachzahlungen sorgen.

Gerade bei Mietern mit Bezug von Sozialleistungen muss der Vermieter besondere Sorgfalt bei der Abrechnung walten lassen, wie eine Entscheidung des Landgerichts Krefeld zeigt (LG Krefeld, Urteil vom 04.01.2023 – 2 S 11/22 -, juris).

Sachverhalt (gekürzt)

Die Parteien stritten zuletzt in zweiter Instanz über die Erledigung einer auf Mietzahlungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte gestützten Klage aus einem beendeten Mietverhältnis über Wohnraum. 
 
Die Beklagte bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach SGB II. 
 
Neben einer unstreitig ausstehenden Mietzahlung ging es um eine Betriebskostennachforderung. So hatte die Klägerin mit Schreiben vom 27.11.2020 gegenüber der Beklagten die Betriebskosten des Jahres 2019 abgerechnet. Diese Abrechnung schloss mit einer Nachzahlung zu Lasten der Beklagten ab. Allerdings waren in der Berechnung von der Beklagten geleistete Abschlagszahlungen nicht vollständig berücksichtigt worden. Auch fehlte eine vorgenommene Verrechnung mit weiteren Forderungen aus dem Mietvertrag.
 
Die Beklagte forderte dann die Hausverwaltung mehrfach erfolglos zu einer Berichtigung der Betriebskostenabrechnung auf. Sie machte ein Zurückbehaltungsrecht geltend, bis die Unstimmigkeiten bezüglich der Betriebskostenabrechnung geklärt seien.
 
Die Klägerin verrechnete die hinterlegte Mietsicherheit (Kaution), nachdem das Mietverhältnis beendet war, und erklärte daraufhin den Rechtsstreit unter Widerspruch der Beklagten für erledigt.
 
Die Beklagte vertritt die Auffassung, sie habe die gerügten Mängel der Betriebskostenabrechnung nicht selbst beheben können. Im übrigen habe sie eine inhaltlich zutreffende Betriebskostenabrechnung im Rahmen des Bezuges von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Nachweis zur Vorlage beim Jobcenter benötigt.
 
Das AG Krefeld verneinte eine Erledigung und wies die Klage kostenpflichtig ab. Denn die Klägerin habe schon bei Klageerhebung keinen durchsetzbaren Anspruch gegen die Beklagte gehabt.

Entscheidung

Das LG Krefeld als Berufungsgericht kam zum selben Ergebnis und wies die Berufung als unbegründet zurück. Die Mieterin habe ein wirksames Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB ausgeübt.
 

Der Mieter hat gegen den Vermieter einen Anspruch auf jährliche Erteilung einer ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung, falls der Mieter vertraglich verpflichtet ist, die Betriebskosten zu tragen und dies betreffende Vorauszahlung zu leisten, § 556 BGB.

Dieser Pflicht genügt der Vermieter grundsätzlich nur durch die Vorlage einer formell ordnungsgemäßen und sachlich richtigen Abrechnung. Grundsätzlich genügt der Vermieter seiner Pflicht bereits dann, wenn die Abrechnung nur solche inhaltlichen Mängel aufweist, die der Mieter selbst beheben kann (BGH, Urteil vom 20.10.2010 – VIII ZR 73/10). Der Mieter kennt die Höhe der von ihm geleisteten Vorauszahlungen und kann daher den Fehler, dass Vorauszahlungen nicht vollständig in der Betriebskostenabrechnung erfasst sind, selbst beheben.

Allerdings habe die Beklagte gegen die Klägerin einen Anspruch auf Korrektur der gerügten Betriebskostenabrechnung aus §§ 535, 241 Abs. 2 BGB. 

Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass die Beklagte als Bezieherin von Sozialleistungen gegenüber dem Sozialleistungsträger Nachweise erbringen muss.

Gemäß § 60 SGB I ist sie gehalten, gegenüber dem Sozialleistungsträger alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, sowie auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen. § 66 Abs. 1 SGB I ermächtigt den Sozialleistungsträger, die Leistungen ganz oder teilweise zu versagen, wenn der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Als mitwirkungspflichtig in diesem Sinne wird grundsätzlich auch das Einreichen von Nebenkostenabrechnungen auf Aufforderung angesehen (vgl. SG Würzburg, Gerichtsbescheid vom 04.04.2017 – S 10 AS 21/17).
 
Die Beklagte war daher dem Risiko ausgesetzt, dass der Sozialleistungsträger von ihr bezogene Lestungen künftig kürzen könnte, wenn sie diesem keine inhaltlich richtige Nebenkostenabrechnung vorlegt.

Ausblick

Man muss keine hellseherischen Fähigkeiten haben, dass auf die Rechtsberater im Mietrecht dieses Jahr ein hoher Beratungsbedarf im Zusammenhang mit Betriebskostenabrechnungen zukommen wird.

Teilweise dürften die Betriebskostennachforderungen so hoch auffallen, dass diese zwei Monatsmieten oder mehr überschreiten, gerade wenn sich Vermieter und Mieter nicht im Vorfeld auf höhere Betriebskostenvorauszahlungen haben verständigen können. Unter gewissen weiteren Vorausetzungen sind dann auch wirksame Vermieterkündigungen denkbar. Hier steckt der Teufel dann wieder im Detail und Einzelfall.

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Pfefferle Helberg mit Sitz in Heilbronn berät Vermieter in der Wohnraummiete außergerichtlich als auch gerichtlich im Rahmen der Prozessführung. Bei Bedarf besteht auch die Möglichkeit einer Dauerberatung, für die Ihnen unsere Anwaltskanzlei in Heilbronn gerne ein maßgeschneidertes Angebot unterbreitet.

Des Weiteren vertritt die Kanzlei, federführend durch Rechtsanwalt Michael Englert im gewerblichen Mietrecht sowohl die Mieter- als auch Vermieterseite.

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Autor

Michael Englert
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Der Autor ist Associate der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn