Mietrecht: Keine Verjährung trotz Schadensereignis vor mehr als 30 Jahren

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Verjährungsfrist bei Schadenersatzsansprüchen des Vermieters erst dann läuft, wenn er die Mietsache zurückerhält. Dies auch dann, wenn das Schadensereignis schon mehr als 30 Jahre zurückliegt.  Die Vorschrift des § 548 Abs. 1 BGB enthält eine abschließende Sonderregelung (BGH, Urteil vom 31.08.2022 – VIII ZR 132/20).

Sachverhalt

Es ging um eine Berliner Mietwohnung. Die klagenden Vermieter hatten im Jahr 1981 eine im vierten Obergeschoss gelegene Wohnung an die Beklagten vermietet.

Das zur Wohnung gehörende Badezimmer war zuerst mit Holzdielen ohne Fußbodenentwässerung ausgestattet. Die Beklagten versahen das Badezimmer dann vor dem Jahr 1984 mit einem Fliesenfußboden sowie dazugehörigem Bodenabfluss.

Fachgerecht wurden die Arbeiten nicht durchgeführt, denn eine Dichtung unterhalb der Fliesen wurde nicht angebracht.

Dann passierte erst einmal lange Zeit nichts. Im Juli 2016 traten Probleme im direkt darunter liegenden Badezimmer im dritten Obergeschoss auf. Schwallartig drang Wasser durch die Decke.

Die Schadensaufnahme brachte dann zutage, dass die Decke einsturzgefährdet ist. Mehrere Deckenbalken waren durch eingedrungene Feuchtigkeit über Jahre beschädigt worden.

Im Jahr 2017 klagten die Vermieter einen Schadensersatz von 37.643,09 Euro gegen die Mieter ein. Die Vermieter behaupteten, die Beklagte, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, habe sich vertragswidrig verhalten. Sie habe während der letzten 20 Jahre regelmäßig außerhalb der Badewanne geduscht. Dadurch sei das Wasser aufgrund des unzureichend abgedichteten Fliesenbodens in die darunter gelegene Holzkonstruktion eingedrungen.

Die Mieter haben die Einrede der Verjährung erhoben.

Entscheidung

Sowohl das Amtsgericht Charlottenburg als auch das Landgericht Berlin als Berufungsinstanz hatten die Klage abgewiesen. Das LG Berlin sah etwaige Schadensersatzansprüche nach § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB als verjährt an.

Danach verjähren sonstige Schadensersatzansprüche ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

Der BGH sah Schadensersatzansprüche der Vermieter hingegen nicht als verjährt an. § 548 Abs. 1 BGB sei eine abschließende Sonderregelung, die die Regelung des § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB verdränge.

§ 548 Abs. 1 BGB regelt, dass Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten verjähren. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält. Mit der Verjährung des Anspruchs des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache verjähren auch seine Ersatzansprüche.

Eine Anspruchsverjährung vor Rückgabe der Mietsache an den Vermieter kann dem BGH folgend nicht eintreten, auch wenn die in der vorgenannten Vorschrift bestimmte Frist von 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an bereits im laufenden Mietverhältnis verstrichen ist.

Der BGH begründet dieses Ergebnis überzeugend mittels Auslegung der Vorschrift nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesetzessystematik und Sinn und Zweck.

Der BGH hat die Sache aber an das Berufungsgericht zurückgewiesen. Denn es ist noch zu klären, ob die geltend gemachten Schadensersatzansprüche inhaltlich berechtigt sind und ob eine Pflicht der Vermieter besteht, den Gebäudeversicherer vorrangig in Anspruch zu nehmen.

Kommentar

Es bedarf einiger Überzeugungskraft gegenüber dem Mandanten und guter Argumente, nach zwei verlorenen Instanzen nicht die Flinte ins Korn zu werfen, sondern in das Rechtsmittel zu gehen.

Die Vorschrift des § 548 Abs. 1 BGB ist vielen Mietparteien nicht geläufig, teilweise nicht einmal Anwälten.

In der Praxis ist die Vorschrift vor allem für Vermieter nachteilhaft, da sie bei Rückgabe der Mietsache in beschädigtem Zustand aufgrund der kurzen Verjährungsvorschrift zeitnah aktiv werden müssen.

Der vom BGH entschiedene Fall zeigt aber auf, dass die Verjährungsvorschrift des § 548 Abs. 1 BGB bei länger zurückliegenden Schadensereignissen dem Vermieter zu Gute kommen kann. Denn erst mit Rückgabe der Mietsache beginnt die Verjährungsfrist zu laufen.

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Autor

Michael Englert
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Der Autor ist Associate der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn