Vorsicht vor zu schneller Erhebung einer Räumungsklage

Ein (gewerblicher) Mieter gibt seinem Vermieter noch keine Klageveranlassung, wenn er auf eine vor Fälligkeit des Räumungsanspruchs erfolgende Anfrage des Vermieters hin nicht seine Erfüllungsbereitschaft anzeigt, sondern schweigt, so das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.12.2022 – 24 W 39/22).

Sachverhalt

Die Parteien waren durch einen gewerblichen Mietvertrag miteinander verbunden. Das Mietverhältnis war zuletzt auf unbestimmte Zeit unter Geltung der gesetzlichen Kündigungsfrist verlängert worden.

Die klagenden Vermieter kündigten den Beklagten form- und fristgerecht zum 30.09.2022. Die Kläger planten eine Anschlussvermietung. Auf das Kündigungsschreiben erfolgte keine Reaktion der Beklagten.

Auch aus Gründen der Planungssicherheit für sich selbst als auch den Nachmieter forderten die Kläger die Beklagten mehrfach, zuletzt mit anwaltlichem Schreiben vom 27.05.2022 mit Fristsetzung zur Bestätigung der fristgerechten Räumung zum 30.09.2022 auf. Auch hierauf erfolgte keinerlei Mieterreaktion.

Mit Ihrer Klageschrift vom 14.07.2022, eingegangen beim Landgericht Duisburg am 19.07.2022 und den Beklagten zugestellt am 12.08.2022 verlangten die Kläger die zukünftige Räumung des Mietobjekts sowie Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten.

Mit Schriftsatz vom 24.08.2022 und damit innerhalb von zwei Wochen haben die Beklagten die Klageanträge unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt. Sie ließen mitteilen, Sie hätten keinerlei Anlass zur Klage gegeben und gleichzeitig angekündigt, das Mietobjekt pünktlich zum Vertragsende am 30.09.2022 zu räumen.

Es erging dann ein Anerkenntnisurteil. Die Kosten des Rechtsstreits wurden den Beklagten auferlegt.

Gegen die Kostenentscheidung haben die Beklagten eine sofortige Beschwerde eingelegt.

Entscheidung

Die sofortige Beschwerde hatte Erfolg. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Kostenentscheidung dahingehend geändert, dass die Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen haben.

Denn die Voraussetzungen eines sofortigen Anerkenntnisses gemäß § 93 ZPO liegen dem OLG Düsseldorf zufolge vor. Wenn die Beklagten hiernach nicht durch ihr Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben haben, so fallen den Klägern die Prozesskosten zur Last, wenn die Beklagten den Anspruch sofort anerkennen.

Das OLG Düsseldorf entschied, dass auch ein (gewerblicher) Mieter anders als sonstige Schuldner regelmäßig nicht verpflichtet sein kann, dem Gläubiger seine Erfüllungsbereitschaft vor Fälligkeit seiner Schuld anzuzeigen. Damit gibt die bloße Untätigkeit des Mieters als solche dem besonnenen Vermieter trotz Aufforderung des Mieters zu einer entsprechenden Erklärung noch keinen berechtigten Grund zur Annahme, sein Anspruch werde ohne Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe nicht fristgerecht erfüllt werden.

Für diese Meinung hat das OLG Düsseldorf unter anderem eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm zitiert (OLG Hamm, Beschluss vom 17.05.1996 – 33 W 13/96 –, juris).

Das OLG Düsseldorf weist in seiner Entscheidung allerdings darauf hin, dass andere Gerichte diese Frage durchaus anders sehen würden. Verweigere der Mieter bei erkennbar begründeter Kündigung eine solche Erklärung oder reagiere er auf das Auskunftsverlangen des Vermieters nicht in angemessener Frist, hatte der Mieter laut einer älteren Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart durchaus Veranlassung zur Klage gegeben (OLG Stuttgart, Beschluss vom 07.05.1999 – 5 W 16/99;  –, juris).

Praxishinweis

Der Vermieter hat verständlicherweise ein Interesse an einer möglichst zeitnahen Anschlussvermietung. Zu diesem berechtigten Interesse gehört es auch, vom Mieter zu erfahren, ob er das Mietobjekt bis zum Ablauf der Kündigungsfrist räumt.

Es kann daher im Einzelfall trotz des Risikos einer Kostentragungspflicht für den Vermieter im gewerblichen Mietrecht nach wie vor sinnvoll sein, bei Schweigen des Mieters bereits vor Fälligkeit des Räumungsanspruchs die Klage auf zukünftige Räumung zu erheben, um keine Zeit zu verlieren.

Hierbei gibt es zum Wohnraummietrecht einen wesentlichen Unterschied: im gewerblichen Mietrecht kann eine Klage auf Räumung und Herausgabe grds. nicht nur erhoben werden, wenn der Räumungsanspruch bereits fällig ist, sondern es kann auch ein künftiger Räumungsanspruch eingeklagt werden. Dies jedenfalls dann, wenn die Voraussetzungen des § 257 ZPO oder diejenigen des § 259 ZPO vorliegen.

Im Wohnraummietrecht verhält es sich so, dass der Mieter nach Zugang der Kündigung die Mietwohnung regelmäßig nicht sofort räumen kann. Denn sowohl für die Räumung der Wohnung, deren Vorbereitung als auch Abwicklung braucht der Mieter eine gewisse Zeit. Daher fordert die Rechtsprechung vom Vermieter eine sogenannte „Ziehfrist“. Wenn der Vermieter diese Ziehfrist nicht abwartet, sondern innerhalb der Ziehfrist eine Räumungsklage erhebt, muss der Vermieter die Kosten der Räumungsklage regelmäßig tragen, wenn der Mieter innerhalb der Ziehfrist auszieht.

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Pfefferle Helberg mit Sitz in Heilbronn berät Vermieter in der Wohnraummiete außergerichtlich als auch gerichtlich im Rahmen der Prozessführung. Bei Bedarf besteht auch die Möglichkeit einer Dauerberatung, für die Ihnen unsere Anwaltskanzlei in Heilbronn gerne ein maßgeschneidertes Angebot unterbreitet.

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Autor

Michael Englert
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Der Autor ist Associate der Anwaltskanzlei Pfefferle Helberg & Partner in Heilbronn